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3.3. 1809 213
Dennoch hätte sich, so Pfurtscheller, die Nachricht vom Friedensschluss zwischen
Österreich und Frankreich unter den Tiroler Aufgeboten herumgesprochen. Auf Pa-
trouillengängen rund um Innsbruck hätten die Landesverteidiger „viel vom Frieden
Sprechen“ gehört. Schließlich vermutet Pfurtscheller, dass durch die Verbreitung der
Friedensnachricht viele gar nicht erst ausgerückt waren – ein Entschluss, den auch er
selbst als durchaus nachvollziehbar beurteilt:
„Endlich vermuthet Schreiber dieses, daß viele seßhafte Bauern in der Umgebung Inns-
brucks vom Wiener Frieden Kentnis haten, und denselben auch glaubten? Dieses mag die
Ursache sein, daß am 1ten Novbr. viele von gut bewafneten Männern ausgeblieben sind.
Dahinter stekt weiter kein Verrath – sondern kluger Rükzug.“679
Der Aufruf zum Rückzug durch die Stubaier Gemeindevorstehungen, den Pfurt-
scheller den beiden oben angeführten Berichten zufolge von seinem Schwager Jo-
seph Lener680 erhalten haben will, wird hier gar nicht erwähnt. Neben der Nachricht
vom Friedensschluss von Schönbrunn sieht Pfurtscheller in diesem Bericht jedoch
noch einen weiteren Grund für das Ausbleiben vieler Landesverteidiger am Tag
des bayerischen Angriffs auf die Stellungen am Bergisel, dem 1. November 1809.
Aufgrund des Allerheiligenfestes, „welches der Tiroler feuert“, wie er im Bericht
schreibt, hätten viele Landesverteidiger ihre Posten verlassen, um diesen Feiertag
in den Kirchen der Umgebung, oder gar in ihren Heimatgemeinden zu begehen,
mutmaßt Pfurtscheller. Er gibt ein Zwiegespräch mit einem ihm bekannten Lan-
desverteidiger aus Kreith wieder, das er diesbezüglich am Morgen des 1. November
geführt haben will:
„Johann Mair seßhafter Bauer von Stubajer Kreit, hate ober dem Stidlwirts [Bierstindl]
Waldele – im Gebisch für sich seine Nachbarn u. Knechte ein Versteck, von wo aus sie
hauptsächlich die Sillbrücke beschüßen konnten; er kam ins Lager nächst Ferarihof herü-
ber, um für seine Leute einen Flasche Schnabs zu kauffen, beim Weggehen so um ½ 6 Uhr
begegnete er den Schreiber dieses, und sprach also ‚guten Morgen Pfurtscheller – wie wird’s
heut ausfallen? Antworth – mir gefallts heute gar nicht, gar viele Leute sein auf benachbarte
Dörfer um den Gottesdienst in einer Kirch beizuwohnen, u. wir wie du weißt haben zwej
Feldmessen in aller Frühe im Lager beigewohnt, so hätten andere Landes Vertheidiger auch
thun sollen! ich erblicke wenige Männer, und fürchte daß uns keine Reserven, keine zu
679 Ebd., S. 9.
680 Vgl. Anm. 655.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435