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218 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Truppenpräsenz auch außerhalb zentraler Orte wie etwa Innsbruck, so erklärt Schen-
nach die bayerische Pazifizierungspolitik.693
Ganz konkret von der Umsetzung dieser Maßnahmen berichtet auch Michael
Pfurtscheller in einem seiner Berichte zur Geschichte des Jahres 1809. Vor allem die
Entwaffnung der Stubaier Bevölkerung – angeordnet am 6. November 1809694 – sei
jedoch nur mit einigen Schwierigkeiten gelungen, so Pfurtscheller.695 Vorerst hät-
ten die Stubaier nämlich am 11. November696 hauptsächlich in den vorangegangen
Monaten erbeutete Musketen und nicht-einsatzfähige Waffen von minderer Qualität
abgeliefert:
„Da die erste Lieferung nur aus eroberten Millitair Musquetten, u. leichte Voglflinten be-
stand, wohl einige Säbl als Zugabe, Bajonette und Ladstöck wurden verschmiedet.“697
Der für die Einsammlung der Waffen verantwortliche bayerische Offizier – laut
Pfurtscheller „Oberst Dallwig“ vom 13. Bayerischen Infanterieregiment698 – sei auf-
693 Vgl. ebd., S. 577.
694 Vgl. Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, o. D., TLMF, Hist. Samml.,
Nachl. MP, I, Bund 1, S. 12.
695 Vgl. dazu sehr ausführlich: Schennach, Revolte, 2009, S. 577–581.
696 In einem von Georg Mutschlechner in den Tiroler Heimatblättern edierten Schreiben Pfurtschellers
an das Landgericht Innsbruck ist – dem hier zitierten Bericht Pfurtschellers entgegen – von einer
ersten Waffenauslieferung – 52 Stück – am 8. November die Rede. Weiter verspricht Pfurtscheller in
dem Schreiben, die noch fehlenden Waffen unverzüglich nachzuliefern. (Vgl. Georg Mutschlechner,
Mitteilungen (Der Weglohn in Prutz 1597, Ein Brief aus Fulpmes vom Jahre 1809, Vom Schmiede-
handwerk in Tarrenz anno 1845), in: Tiroler Heimatblätter 62 (1987), Heft 3, S. 91–93, hier S. 92. –
Das Original des hier abgedruckten Schreibens habe Mutschlechner „von einem Tirolensiensammler
aus dem Unterland“ erhalten.)
697 Vgl. Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, I, Bund 1, S. 14.
698 Franz Xaver Maria Freiherr von Dalwigk zu Lichtenfels (1772–1833) ist als Oberst der könig-
lich-bayerischen Armee im Mai, Ende Oktober und Anfang November 1809 an den Kämpfen in
Tirol beteiligt. (Vgl. Reinhard Freiherr von Dalwigk, Denkwürdigkeiten und historische Skizzen aus
dem Leben vieler Mitglieder der Familie von Dalwigk, Darmstadt 1841, S. 85–87; sowie: Schemfil,
Freiheitskrieg, 2007, S. 248.) Er war nicht, wie es in der eben zitierten Familiengeschichte heißt,
Kommandant des Infanterieregiments 11. Es handelte sich tatsächlich, wie Pfurtscheller richtig
feststellt, um das Regiment mit der Nr. 13. Dieses war 1805 „in Würzburg als 13. Linien-Infante-
rie-Regiment“ gegründet worden und wurde im Jahr 1811 dann in „11. Linien-Infanterie-Regiment
‚Kinkel‘“ umbenannt. Diese Umbenennung könnte der Ausgangspunkt für den „Fehler“ in den
Dalwigkschen „Denkwürdigkeiten“ sein. (Vgl. Albert Dunzinger, Das K.B. 11. Infanterie-Regiment
von der Tann. Nach den amtlichen Kriegstagebüchern (Erinnerungsblätter deutscher Regimenter
2), München 1921, S. 7.) Anfang November 1809 bezeichnet Pfurtscheller Dalwigk als „Vorposten
Comandant in Schönberg“. (Vgl. Mutschlechner, Mitteilungen, 1987, S. 92.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435