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3.3. 1809 221
In verschiedenen gedruckten Proklamationen wurde die Bevölkerung über die
neue Situation aufgeklärt. „Den 10. affig. [affigiert, das heißt „ausgehängt“], den
17. abgenommen“, bemerkt Michael Pfurtscheller auf der Rückseite einer in seinem
Nachlass erhaltenen solchen Proklamation General Jean Baptiste Drouet d’Erlons,
der an der Spitze der Militärverwaltung im nördlichen Tirol stand: Jeder, der bewaff-
net aufgegriffen würde, sollte als „Straßenräuber“ behandelt und sofort hingerich-
tet werden, Landrichter und Gemeindevorsteher sollten Unruhestifter unverzüglich
melden, bei Gewalttaten gegen das bayerische Militär oder Verwaltungsbeamte sollte
das betreffende Dorf mit Zahlung von 1000 Gulden bestraft werden, im Wiederho-
lungsfall würde es niedergebrannt, so heißt es darin drakonisch.706
Das Zusammenleben mit den „feindlichen“ Truppen gestaltete sich angesichts die-
ser angespannten Situation anfangs – wenig überraschend – nicht ganz unproblema-
tisch, besserte sich dann jedoch, so Pfurtscheller:
„Ihr betragen war Anfangs Trotzig und parsch, selbe schimpften über Kost u. Quartier:707
Allein da man denen Offizieren – die Armuth – u. Mangel welcher ein unsehliger Krieg
veruhrsachte vorstellig machte, haben dieselbern höhern Ortes bewirkt, daß Zufuhren
an Fleisch, Brot – auch Bierschnabs wochentlich von hohen Millitairkommando gelie-
fert wurden; wornach die […] Soldaten freundlicher und sich überhaupt Verträglicher
geberdeten.“708
Offenbar überdachte man jedoch auch auf Seiten der Fulpmer die Einstellung ge-
genüber den Besatzern. In der schon mehrfach erwähnten Zusammenstellung der
Zeugnisse und Urkunden Michael Pfurtschellers in dessen Nachlass sind gleich meh-
Samml., Nachl. MP, I, Bund 1, S. 16.)
706 Vgl. Proklamation Drouets, 4. November 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, III, Bund 3, Nr.
30.
707 Im Nachlass Michael Pfurtschellers ist eine gedruckte Proklamation General Drouets vom 6. No-
vember 1809 erhalten, in der vorgeschrieben wird, wie die einquartierten Truppen zu verpflegen
seien. Angesichts des aufwändigen Speiseplans verwundert es nicht, dass die Gemeinden mitunter
Schwierigkeiten hatten, die Soldaten wie gewünscht zu verköstigen: Offiziere sollten demnach zum
Frühstück Kaffee und Weißbrot, mittags Suppe, Rindfleisch, Gemüse, Braten, Salat, eine Flasche
Bier, eine halbe Flasche Wein und Weißbrot, abends Gebratenes und Salat, eine Flasche Bier, eine
halbe Flasche Wein und Weißbrot erhalten. Unteroffiziere und Gemeine sollten zum Frühstück mit
Suppe oder einem Glas Branntwein und Brot, mittags mit Suppe, einem Pfund Fleisch und einer
Flasche Bier, abends mit Gemüsesuppe, einer Flasche Bier und außerdem täglich zwei Pfund gutem
Brot versorgt werden. (Vgl. Proklamation Drouets, 6. November 1809, TLMF, Hist. Samml., Nachl.
MP, III, Bund 3, Nr. 33.)
708 Fragment Abhandlung 27. Oktober 1809 bis 20. Februar 1810, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I,
Bund 1, S. 15 f.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435