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3.3. 1809 227
wurde daher zur Verschwörung, die Vorbereitungen des Aufstandes in Tirol mussten
unter strenger Geheimhaltung erfolgen. Dennoch flog das Unternehmen auf, verra-
ten durch Anton von Roschmann, ebenfalls ein Exiltiroler, der mittlerweile als Kreis-
hauptmann in Traiskirchen eine neue Tätigkeit gefunden hatte. Gegen die Köpfe der
Verschwörung – von Hormayr, den Vorarlberger Anton Schneider729 und Erzherzog
Johann – wurde hart vorgegangen. Über erstere zwei wurde ohne jeglichen Prozess
monatelange Festungshaft in Ungarn beziehungsweise Böhmen verhängt, der Erzher-
zog musste dem Kaiser sein Ehrenwort geben, sich künftig ruhig zu verhalten und
wurde unter eine Art Hausarrest gestellt.730
Der für Napoleons Armeen desaströse Ausgang des Russlandfeldzuges Ende 1812
hatte in der Zwischenzeit zwar schon eine Richtungskorrektur in der österreichischen
Außenpolitik eingeleitet, allerdings war Metternich noch nicht bereit, sich einer neu-
erlichen Koalition gegen Napoleon anzuschließen – daher ließ er auch die Umtriebe
des Alpenbundes vehement unterbinden. Vorerst entschied sich Metternich für eine
Politik der „bewaffneten Vermittlung“ zwischen Frankreich auf der einen Seite, Russ-
land, England, Schweden und Preußen auf der anderen. Da Friedensverhandlungen
jedoch an der ablehnenden Haltung des französischen Kaisers scheiterten, erklärte
Österreich schließlich am 12. August 1813 Frankreich den Krieg.731
Die nun neuen Voraussetzungen veränderten auch die Einstellung Metternichs
hinsichtlich der Idee einer neuerlichen Volkserhebung in Tirol. Anton von Rosch-
mann, der noch wenige Monate zuvor die Pläne des Alpenbundes an Metternich
verraten hatte, wurde nun damit beauftragt, ebendiese wieder aus der Schublade zu
holen. Wie schon Monate zuvor geplant gewesen war, wurden nun Emissäre nach
Tirol entsandt, um einen Aufstand wie im Jahr 1809 zu organisieren.732 Die Pläne
729 Anton Schneider (1777–1820) ist Jurist. Im Mai 1809 wird er von den Vorarlberger Ständen zum
„Landes-Commissair“, am 9. Juni in Innsbruck durch von Hormayr im Namen des Kaisers zum
„General-Commissair“ und somit zum führenden Kopf der Erhebung in der Region Vorarlberg
ernannt. Anfang August 1809 gibt er sich Württembergischen Truppen gefangen. Nach Haft und
Hausarrest geht er Ende 1810 nach Wien, wo er zum Appellationsrat aufsteigt. Er und von Hor-
mayr kennen sich bereits seit ihrer Jugend. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 31, 1876, S. 11 f.; sowie:
Thomas Albrich, Vorarlberg 1809. Am Rande des Aufstandes – Das Tagebuch des Christoph Anton
Kayser, Innsbruck–Wien 2009.)
730 Vgl. Magenschab, Erzherzog Johann, 1995, S. 216–233; sowie: Klier, Der Alpenbund, 1950, S.
165–223; sowie: Brigitte Mazohl, Die Erhebung in Tirol und der österreichische Krieg im Jahr 1809,
in: Bernhard Mertelseder/Brigitte Mazohl/Johannes Weber, 1809 – und danach? Über die Allgegen-
wart der Vergangenheit in Tirol, Bozen 2009, S. 61–84, hier: S. 76–80; sowie: Mertelseder, Wege zur
Rückkehr, 2009, S. 97 f.
731 Vgl. Mazohl, Erhebung in Tirol, 2009, S. 78–80.
732 Vgl. F. Hirn, Geschichte Tirols, 1913. S. 350–362; sowie: Mertelseder, Wege zur Rückkehr, 2009, S.
98–106.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435