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228 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
zur Inszenierung eines von Wien aus konzertierten „Volksaufstandes“ wurden jedoch
bald darauf schon wieder durchkreuzt. Johann von Hiller733, Kommandant der ös-
terreichischen Südarmee, war mit seinen Truppen von Osten her am 21. August bis
nach Lienz vorgestoßen und hatte die Tiroler bereits eigenmächtig dazu aufgerufen,
zu den Waffen zu greifen. Emissäre versuchten im ganzen Land für die Beteiligung an
der Landesverteidigung zu werben.734
Wohl vor diesem Hintergrund ist die folgende, im Nachlass Michael Pfurtschellers
erhaltene Abschrift eines offenen Befehls für den „Geheimagenten“ Joseph Rancker735,
ausgestellt von General Fenner736 am 20. September 1813 in Lienz,737 zu sehen:
„Für Joseph Rancker, welcher von hier mit geheimen Aufträgen nach Axams, Stubay und
Selrain abgeht, um wegen Einleitung der Landesvertheidigungsanstalten – und wegen auf-
stellung der Schützenkompagnien die Nöthigen Vorkehrungen zu treffen.
Demselben ist allwo Orten die Nöthige Unterstitzung zu gewähren, überal wo er es be-
nöthiget, die erforderliche Vorspan angewiesen, und aller mögliche Vorschub angedeihen
zu lassen!“738
Auf der zweiten Seite des Schriftstückes findet sich außerdem die Abschrift eines vom
eben erwähnten Joseph Rangger – hier nun als „Joseph Ranker aus Axams“ genannt
– unterzeichneten Schreibens an das „Hochlobl. K.k. Oesterreich. General Comando
in Tyrol, derzeit zu Lienz“ vom 24. September 1813. Rangger berichtet darin von
den positiven Reaktionen auf die durch ihn übermittelten Pläne:739
733 Johann Freiherr von Hiller (1754–1819) ist bis Mitte Dezember 1813 Oberkommandierender der
kaiserlichen Italienarmee. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 9, 1863, S. 20–26.) Sein Nachfolger in
dieser Funktion ist Heinrich Graf von Bellegarde. (Vgl. Anm. 111.)
734 Vgl. Mertelseder, Wege zur Rückkehr, 2009, S. 99 f.
735 Joseph Rangger war als Oberjäger des Gerichtsherrn von Mareit, westlich von Sterzing, Joseph
Wilhelm Freiherr von Sternbach, beschäftigt. Er stammte aus Götzens, und wurde wohl ob seiner
Kontakte vor Ort in die dortige Region entsandt, um dort Vorbereitungen für einen Aufstand in
die Wege zu leiten. (Vgl. F. Hirn, Geschichte Tirols, 1913, S. 392.) – Die heute meist gebrauchte
Schreibweise dieses Nachnamens lautet „Rangger“. Diese Version wird in der Folge auch in dieser
Arbeit verwendet werden.
736 Franz Philipp Fenner von Fenneberg (1759 oder 1762–1824) ist zu diesem Zeitpunkt Feldmar-
schallleutnant. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd. 4, 1858, S. 176 f.; sowie: Blaas, Josef Daney, 2005, S.
412.)
737 Auch Ferdinand Hirn gibt an, dass sich General Fenner Mitte September 1813 in Lienz befand.
(Vgl. F. Hirn, Geschichte Tirols, 1913, S. 361.)
738 Abschrift offener Befehl General Fenner, 20. September 1813, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II,
Bund 1, Nr. 4, S. 1.
739 Diese Mission Ranggers fand auch Eingang in die Historiographie. Joseph Streiter berichtet in ei-
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435