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242 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
Sonntagnachmittag versammeln sollte.799 In den folgenden Monaten wurden mehr-
fach solche „Musterungen“ durchgeführt, in deren Rahmen auch exerziert wurde.
Ganz ähnliche Aufforderungen ergingen auch an die übrigen Gemeinden des Tales.
Zum Hauptmann der so zu bildenden Stubaier Kompanie war Michael Pfurtscheller
gewählt worden,800 die „Übungen“ der Mannschaft dürften jedoch Bruno Posch aus
Mieders und Andreas Siller aus Neustift geleitet haben,801 so Pfurtscheller selbst in der
Abschrift eines Berichtes über den Stand der Vorbereitungen an das Landgericht Mie-
ders.802 Darüber hinaus beschäftigten Pfurtscheller in den Monaten Juni bis August
Fragen der Aufwandsentschädigung für die Ausrückenden, der Bewaffnung803, der
Besorgung neuer Musikinstrumente, der Komplettierung der „Uniformen“ sowie der
Erfassung des nun 170 Mann umfassenden Stubaier Aufgebotes in Standeslisten.804
799 Vgl. Alois von Guggenberg an Lorenz Tanzer, 6. Juni 1838, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II,
Bund 2, Nr. 1. – Die Adressierung des Schreibens ist ergänzt durch die Bemerkung „zugestellt am 8.
Juni 1838“, ergänzt durch die Unterschrift „Posch“.
800 Vgl. Pfurtscheller an LG Mieders, 4. Juli 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839,
Abt. XVI – 1838; sowie: Abschrift Bericht Pfurtscheller an LG Mieders, 4. Juli 1838, TLMF, Hist.
Samml., Nachl. MP, II, Bund 2, Nr. 3. – Pfurtscheller unterzeichnete dieses Schreiben an das Landge-
richt mit dem Zusatz „gewählter Hauptmann“. Wie beziehungsweise durch wen diese Wahl erfolgte,
geht aus den Quellen nicht eindeutig hervor. Die Wahl dürfte im Rahmen einer Sitzung der Stubaier
„Gerichtsausschüsse“ am 2. Juni 1838 erfolgt sein. Beda Weber bemerkt, „als Hauptleute [hätte man
vonseiten der Landesregierung – Hofrat Robert von Benz war für die Organisation der Schützen-
kompanien zuständig –] am liebsten Veteranen aus den Befreiungskriegen“ gesehen. Die Wahl der
Offiziere sei jedoch „dem Volke überlassen“ worden. (Vgl. [Weber], Denkbuch 1838, 1839, S. 56.)
801 Bruno Posch (1801–1879) war als ausgedienter Kaiserjäger für diese Aufgabe prädestiniert. Er hatte
1831 seinen Militärdienst als Unteroffizier beendet und war seit 1835 als Amtsdiener beim Landge-
richt Mieders beschäftigt. (Vgl. Nachruf Bruno Posch, in: Bote für Tirol und Vorarlberg, Nr. 215, 19.
September 1879, S. 1746.) Auch bei Andreas Siller dürfte es sich um einen ausgedienten Kaiserjäger
gehandelt haben.
802 Vgl. Pfurtscheller an LG Mieders, 4. Juli 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839,
Abt. XVI – 1838. – Laut Beda Webers Denkbuch zu den Erbhuldigungsfeierlichkeiten 1838 bestand
das Stubaier Aufgebot am 12. August 1838 aus 177 Mann – 4 Offiziere, 15 Unteroffiziere, 26 Mu-
sikanten und 132 Tambours, Zimmerleute und Gemeine. (Vgl. [Weber], Denkbuch 1838, 1839,
Beilage 3.)
803 Die Bewaffnung der Schützen mit ihren eigenen Stutzen und Musketen widersprach offenbar Pfurt-
schellers Vorstellungen von einem einheitlichen Erscheinungsbild der Kompanie. Er ersuchte das
Landgericht „um 100 Stutzer durch daß Wohllöbl. Kreisamt anzulangen“. (Vgl. Pfurtscheller an LG
Mieders, 4. Juni 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839, Abt. XVI – 1838.) Auf
Ansuchen des Landgerichts vom 11. Juni 1838 stellte das Militärkommando für Tirol und Vorarl-
berg 150 Leihgewehre – „Jägerstutzen“ – zur Verfügung. (Vgl. Abschrift Ansuchen um Leihgewehre,
11. Juni 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839, Abt. XVI – 1838; sowie: Geneh-
migung von Leihgewehren, 21. Juni 1838, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 46, 1838–1839, Abt.
XVI – 1838.)
804 Vgl. TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, II, Bund 2, Nr. 1–30.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435