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276 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
„[…] die hauptsächlichste Thätigkeit desselben [Michael Pfurtscheller] in Bildung und Mo-
bilmachung der Schützenkompagnien in den beiden Landgerichtsbezirken Mieders und
Steinach besteht, worüber das in Abschrift beiliegende Dekret […] das nähere andeutet.
Die Erweckung des Eifers und der Begeisterung hiezu wird eine Hauptaufgabe des Herrn
Vaters [Michael Pfurtscheller] sein, dessen beredten Worten dieses aber um so mehr ge-
lingen wird, als man nicht zweifelt, daß sich allenthalben die altbewährten Gesinnungen
regen, und die Abhilfe der materiellen Beschwerden des Landes in Betreff des Salzes, der
Akzisse und des Stempels als die nachdrücklichste und kräftigste Vertretung der Landschaft
vor dem Thron gewiß findet, an deren Wirksamkeit auch nicht im mindesten zu zweifeln
ist.“941
Mitglied der Landesschutzdeputation, wie ein Schreiben des Miederer Landrichters
Alois von Guggenberg vermuten lässt942, war Michael Pfurtscheller damit jedoch
nicht im eigentlichen Sinne. „Die Landesschutz-Deputation […] wird aus den stän-
dischen Aktivitäts-Mitgliedern mit Beigebung eines Gubernial-Kommissärs unter der
unmittelbaren Leitung des unterzeichneten Landesgouverneurs und Landeshaupt-
manns […] gebildet werden“, heißt es in der bereits zitierten Kundmachung des
Landes-Guberniums vom 27. März 1848.943 Der Aufruf der Landesschutzdeputation
vom folgenden Tag trug jedenfalls nicht die Unterschrift Michael Pfurtschellers.944
Pfurtscheller war jedenfalls nicht erst von Erzherzog Johann zum Defensionskom-
missär ernannt worden. Dieser scheinbare Widerspruch ist einfach zu erklären: Die
Nominierung von Defensionskommissären, die die Organisation der Landesvertei-
digung vor Ort vorantreiben sollten, war keine neue Idee Erzherzog Johanns. Bereits
Ende März, als der Erzherzog noch gar nicht im Land war, hatte die Landesschutzde-
putation acht „Defensionskommissäre“ ernannt, „welche in die verschiedenen Lan-
941 Briefwechsel Johann Pfurtscheller und Landesschutzdeputation, 1./2. April 1848, TLA, Abt. LV.,
1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 8. – Die Landesschutzdeputation setzte nicht nur mit
Michael Pfurtscheller auf die Werbewirksamkeit von 1809-Veteranen. Ein weiteres Beispiel für diese
Strategie ist etwa der Aufruf des Völser 1809-Veteranen Lorenz Rangger in der Tiroler Schützenzei-
tung, in dem dieser versuchte, potenzielle freiwillige Landesverteidiger auf den „Geist der Väter“
einzuschwören. (Vgl. Aufruf Lorenz Ranggers, in: Tiroler Schützen-Zeitung, Nr. 15, 13. April 1848,
S. 122 f.)
942 Von Guggenberg richtet sein Schreiben vom 16. April 1848 an „Herrn Michael Pfurtscheller Mit-
glied der Landes-Schutz-Deputation!“. (Vgl. LG Mieders an Michael Pfurtscheller, 16. April 1848,
TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 26.)
943 Kundmachung Landes-Gubernium bezüglich Einrichtung von Schutzdeputationen, 27. März 1848,
in: Tiroler Schützen-Zeitung, Nr. 13, 30. März 1848, S. 109. – Vgl. auch Anm. 935.
944 Vgl. Aufruf Landesschutzdeputation, 28. März 1848, in: Tiroler Schützen-Zeitung, Nr. 13, 30. März
1848, S. 111.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435