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278 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
in Neustift 18, und auch in Fulpmes hätten sich lediglich zwei „Individuen schlech-
ten Leumunds“ gefunden. Außerdem beklagt Pfurtscheller, solange man die Bevöl-
kerung nicht über den konkreten Zweck der Freiwilligenwerbung aufkläre, würden
sich auch keine Freiwilligen melden. Auch die vagen Versprechungen hinsichtlich
Verhandlungen zur Herabsetzung des von der Bevölkerung als zu hoch empfundenen
Salzpreises bedürften einer ausführlicheren Aufklärung, so Pfurtscheller. Er zitiert
zur Untermauerung dieser Forderung eine Aussage, die ihm zufolge die Meinung der
Talbewohner wiedergebe: „[…] besonders [falls] Salz nicht wohlfeiler ist ziehen wir
nicht aus!“948 Frustriert lehnt es Pfurtscheller ab, unter den herrschenden Vorausset-
zungen weiter als Defensionskommissär zu agieren:
„[…] ich lege sie [die Mission] für das halbe Vertrauen dankend [keine konkreten Instruk-
tionen] in die Haende der Loebl. Schutzdeputation hiemit zurück.“949
Vor allem anderen empfiehlt Michael Pfurtscheller der Landesschutzdeputation, die
Anwerbung von Freiwilligen zur Landesverteidigung aus den Händen der obrigkeit-
lichen Behörden zu nehmen und sie lokalen Vertrauenspersonen zu überantworten:
„Man klaere in jeder Gemeinde die Tonangebenden vernünftig auf – diese wirken auf die
Masse mehr und besser als die Klarste schriftliche Abhandlung.“950
Die Landesschutzdeputation reagierte mit einem dezidierten Auftrag an Pfurtschel-
ler, in den Landgerichtsbezirken Mieders und Steinach freiwillige Schützenkompa-
nien zur Verteidigung der Südgrenze Tirols aufzustellen und diese in Standeslisten
zu verzeichnen. Ergänzend dazu wurde Pfurtscheller eine Vollmacht in Form einer
offenen Ordre ausgestellt, die ihn gegenüber den zuständigen Landgerichtsobrigkei-
ten als Defensionskommissär legitimieren sollte.951 Pfurtscheller blieb als Defensi-
onskommissär aktiv.
948 Briefwechsel Michael Pfurtscheller und Landesschutzdeputation, 11./12. April 1848, TLA, Abt. LV.,
1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 95. – Die „vagen“ Versprechungen der Landesschutz-
deputation hinsichtlich finanzieller Entlastungen für die Bevölkerung gehen auch aus dem bereits
zitierten Schreiben der Deputation an Michael Pfurtschellers Sohn Johann hervor. (Vgl. Briefwech-
sel Johann Pfurtscheller und Landesschutzdeputation, 1./2. April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Lan-
desschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 8; vgl. auch: Aufruf Landesschutzdeputation, 28. März 1848,
in: Tiroler Schützen-Zeitung, 30. März 1848, Nr. 13, S. 109–111.)
949 Briefwechsel Michael Pfurtscheller und Landesschutzdeputation, 11./12. April 1848, TLA, Abt. LV.,
1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 262, Nr. 95.
950 Ebd.
951 Vgl. ebd.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435