Page - 279 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Image of the Page - 279 -
Text of the Page - 279 -
3.5. 1848 279
Die bereits erwähnten Maßnahmen, die Erzherzog Johann nun in der Folge zur
Neuorganisierung der Landesverteidigungsbestrebungen ergriff, erinnern an die von
Pfurtscheller der Landesschutzdeputation empfohlenen. So wurde Johanns Aufruf
an die Tiroler und Vorarlberger vom 13. April durch die vom Kaiser – anscheinend
auf Anraten des Erzherzogs – verfügte Herabsetzung des Salzpreises wohl besonderer
Nachdruck verliehen. Die kaiserlich verordnete Preisreduktion, im Boten für Tirol
und Vorarlberg auf derselben Seite wie Johanns Aufruf zur Landesverteidigung abge-
druckt, wurde vom Erzherzog mit den Worten „aus diesem werdet Ihr einen Beweis
erkennen, wie unser Kaiser geneigt ist, für Euch zu sorgen […]“ kommentiert.952
In einer Sitzung der Landesschutzdeputation unter dem Vorsitz Erzherzog Jo-
hanns am 15. April wurde die bereits erwähnte Einteilung des Landes in 12 Defen-
sionsbezirke, für die jeweils durch Volkswahl ein Defensionskommissär bestimmt
werden sollte, beschlossen.953 Michael Pfurtscheller wurde nun offenbar in seinem
ihm von der Landesschutzdeputation verliehenen „Amt“ als Defensionskommissär
für die Gerichtsbezirke Mieders und Steinach bestätigt. Dies geht aus einem Schrei-
ben Erzherzog Johanns an die Landesschutzdeputation vom 23. Mai 1848 hervor.954
Hinsichtlich der bereits angesprochenen Einteilung des Landes in Defensionsbe-
zirke durch Erzherzog Johann finden sich divergierende Angaben. Laut dem Pro-
tokoll der Sitzung der Landesschutzdeputation vom 15. April955 sowie laut einem
Bericht Johanns vom 5. Mai 1848 handelte es sich um 12, während der Erzherzog in
einem späteren Bericht an Innenminister Pillersdorf vom 14. Mai 1848 von 13 De-
fensionsbezirken spricht.956 Dagegen finden sich in einer Zusammenstellung der im
Land aktiven Defensionskommissäre, verfasst vom Oberkommandierenden General
Roßbach am 3. Juni, gar 20 „Defensions-Distriks-Kommissäre“ für Tirol und Vorarl-
952 Vgl. Kaiserlich Königlich privilegirter Bothe von und für Tirol und Vorarlberg, Nr. 34, 15. April 1848,
S. 171.
953 Vgl. Sitzungsprotokoll Landesschutzdeputation Nr. 16, 15. April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Lan-
desschutz-deputation, Fasz. 262, Nr. 16.
954 Vgl. Erzherzog Johann an Landesschutzdeputation, 23. Mai 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landes-
schutz-deputation, Fasz. 263, Nr. 514.
955 Vgl. Sitzungsprotokoll Landesschutzdeputation Nr. 16, 15. April 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Lan-
desschutz-deputation, Fasz. 262, Nr. 16.
956 Vgl. Abschrift Bericht Erzherzog Johanns an Unbekannt, 5. Mai 1848, TLMF-Bib., Tirolensien-
sammlung Erzherzog Johann, Mai 1848, FB 2078, Nr. 16, S. 5; sowie: Bericht Erzherzog Johanns
an Innenminister Franz von Pillersdorf, in: Österreichisch-Kaiserlich privilegirte Wiener Zeitung,
Nr. 140, 20. Mai 1848, S. 672. – Franz Xaver Freiherr von Pillersdorf (1786–1862) war 1832 vom
Kaiser zum Kanzler der vereinigten Hofkanzlei ernannt worden. Im März 1848 wurde er zum In-
nenminister ernannt, im Juli desselben Jahres trat er wieder zurück. (Vgl. Wurzbach, Lexikon, Bd.
22, 1870, S. 294–303.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435