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3.5. 1848 283
rechneten vor, dass ihr Freiwilligenaufgebot von 124 Mann angesichts der geringen
Bevölkerungszahl des Gerichts Mieders von nur rund 4500 im Vergleich zu den an-
deren Regionen Tirols überproportional groß gewesen sei. Eigentlich, so argumen-
tierten die Gemeindevorsteher, hätte das Landgericht schon zu diesem Zeitpunkt
mehr geleistet als von der Landesschutzdeputation gefordert worden war. Nicht zu-
letzt stand hinter dem Ansinnen der Gemeinden wohl auch, dass sich die aus der
gemeinschaftlichen Gerichtskasse bestrittene Löhnungszulage für die Ausgezogenen
im Verlauf der Zeit zu einer finanziellen Belastung auswuchs:
„[…] da wir gleich den übrigen unterinnthalischen Gerichts Complexen jedem Mann täg-
lich 6 Kreuzer Zulage bezahlen, so haben wir schon gegenwärtig 121 fl. zu viel bezahlt.“968
Die Heimkehr war jedoch nicht nur im Sinne der Daheimgebliebenen. Am 6. Juni
1848 berichtete der Miederer Landrichter von Guggenberg an das zuständige Kreis-
amt in Schwaz, er habe sich „vergebens wegen des Fortdienens an die ausgerückte
Compagnie gewendet“. Eigennutz stehe jedoch vor Patriotismus, daher bleibe ihm
nichts anderes übrig, als das Ansuchen der Gemeindevorsteher an das Kreisamt wei-
terzuleiten.969
Die kritischen Zeilen von Guggenbergs hinsichtlich des „Eigennutzes“ waren je-
doch wohl etwas überzogen. Schließlich war Hauptmann Franz Pfurtscheller durch
ein landgerichtliches Schreiben bereits am 9. Mai zugesichert worden, die Dienstzeit
der Kompanie würde einem Oberkommandobefehl vom 30. April zufolge bereits
Ende Mai enden. Pfurtscheller solle jedoch erheben, ob einige Schützen die Dienst-
zeit verlängern wollten.970 Um die Einhaltung dieser Zusage suchte Franz Pfurtschel-
ler beim Oberkommando dann auch bereits vor Ende Mai an. Der Oberkomman-
dierende Roßbach antwortete auf dieses Ansuchen mit den folgenden, am 26. Mai in
Trient verfassten Zeilen:
TLA, Mikrofilm Nr. 0661, Abschn. 9; sowie: Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 17. Mai
1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 60; sowie: Johann Pfurtscheller an Franz
Pfurtscheller, 21. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, IV, Bund 1, Nr. 84.)
968 Ansuchen der Stubaier Gemeinden um Ablösung der Schützenkompanie, 30. Mai 1848, TLA, Abt.
LV., 1848, Landesschutzdeputation, Fasz. 263, Nr. 598.
969 Vgl. Alois von Guggenberg an KA Schwaz, 6. Juni 1848, TLA, Abt. LV., 1848, Landesschutzdeputa-
tion, Fasz. 263, Nr. 657.
970 Vgl. Alois von Guggenberg an Franz Pfurtscheller, 9. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
IV, Bund 1, Nr. 81. – In den Akten des Landgerichts Mieders ist die diesbezügliche Absage Franz
Pfurtschellers erhalten: Vgl. Franz Pfurtscheller an LG Mieders, o. D. [landgerichtlicher Eingangs-
vermerk vom 4. Juni 1848], TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 56, 1848, Abt. XVI.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435