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4.4. Michael Pfurtschellers „Feinde“ 313
schellers Sohn, Hauptmann Franz Pfurtscheller, beantragten Zulage für die freiwil-
lige Stubaier Schützenkompanie, die unter dessen Anführung zur Grenzsicherung
in die Valsugana ausgerückt war, beraten. Die Meinungen gingen diesbezüglich of-
fensichtlich so stark auseinander, dass es um ein Haar sogar zu Handgreiflichkeiten
gekommen wäre. Ein gewisser Andre Pfeifer habe es, nachdem er sich beleidigende
Äußerungen gegen die Kompanie erlaubt hatte, vorgezogen, die Sitzung zu verlas-
sen, „fürchtend, er bekomme von Denifle [Martin Denifle] Nüssen [Schläge]“, wie
Johann Pfurtscheller – der führende Befürworter der Zulage – seinem als Haupt-
mann ausgezogenen Bruder in einem Brief berichtete.102 Als in einer Gemeindever-
sammlung in Telfes die gleiche Angelegenheit diskutiert wurde, sei es vor allem der
Pfarrer gewesen, der sich offenbar gegen die Zulage aussprach – Johann Pfurtscheller
ärgerte sich über den „Geiz eines Pfaffen“. Auch in Neustift habe man sich gegen die
beantragte Zulage ausgesprochen. Am 17. Mai 1848 fand schließlich vor dem Land-
gericht in Mieders die entscheidende Beratung über die Zulage für die Schützen-
kompanie statt, wobei sich Landrichter von Guggenberg „wie immer ohne Character
Festigkeit“ verhalten hätte, so Johann Pfurtscheller. Dabei sei letztlich dann doch
eine Zulage von zwei Gulden pro Mann genehmigt worden. Johann Pfurtscheller riet
seinem Bruder jedoch, diese in Anbetracht ihres umstrittenen Zustandekommens
dankend abzulehnen.103
Zwar erscheint Michael Pfurtscheller im Bericht seines Sohnes Johann gar nicht
als direkt in die Streitigkeiten verwickelter Akteur, dennoch sei er ein wesentlicher
Faktor für die ablehnende Haltung einiger gegenüber der beantragten Zulage gewe-
sen, so Johann Pfurtscheller:104 In der Schützenzeitung sei im Vorfeld der Verhand-
102 Vgl. Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 17. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
IV, Bund 1, Nr. 60.
103 Vgl. ebd. – Tatsächlich lehnte Franz Pfurtscheller in Form eines Schreibens an das Landgericht
Mieders vom 4. Juni 1848 die Zulage ab. Mit ihm unterzeichneten – zur Bestätigung, dass es sich
um eine Entscheidung der gesamten Mannschaft handelte – neun weitere Mitglieder der Kompa-
nie, vom Oberleutnant bis zu den Unterjägern abwärts. Die Kompanie sei „von der impertinenten
Mißgunst mancher dummer aber auch mancher Gelehrten Individuen […] genau unterrichtet“ – er
spielt damit wohl an das eben mehrfach zitierte Schreiben seines Bruders Johann an – und lehne
daher die ohnehin angesichts der „gehabten Strapazen, Mühseligkeiten, Lebensgefahren“ nicht an-
gemessene Zulage ab. Er tue dies mit der Versicherung, „daß die Gemeinden ja nicht glauben sollen,
wir werden wegen dieser mit Verdruß und Unwillen zugestandenen Zulage, unsere Dienstzeit ver-
längern, und verzichten auch auf jene Kosten, welche diese [die Stubaier Gemeindevertreter] durch
den Hin- + Hermarsch einer 2ten Compagnie [sich] zu ersparen glauben, indem wir uns übrigens
nicht bekimmern was mit einer 2ten Compagnie geschehen wird.“ (Vgl. Franz Pfurtscheller an LG
Mieders, 4. Juni 1848, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 56, 1848, Abt. XVI.)
104 Vgl. Johann Pfurtscheller an Franz Pfurtscheller, 17. Mai 1848, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP,
IV, Bund 1, Nr. 60.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435