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320 5. Familie Pfurtscheller
Gertraud Wiesflecker dann zum zweiten Mal, den 40-jährigen Johann Volderauer aus
dem zu Fulpmes gehörenden Ortsteil Medraz.26 Volderauer baute den Eisenwaren-
handel beträchtlich aus, so berichtet Adolf Hueber.27 Er starb am 12. November 1799
und hinterließ neben seiner Ehefrau und den zwei Stiefkindern Michael und Theresia
Pfurtscheller auch noch einen leiblichen Sohn, den 1785 geborenen Franz Volderau-
er.28 Dieser war es auch, der die Geschäfte gemäß dem Testament des Verstorbenen
gemeinsam mit seiner Mutter Gertraud Wiesflecker und seinem Stiefbruder Michael
Pfurtscheller unter der Bezeichnung „Johann Volderauers Erben“ weiterführen sollte:
„Die beyden Söhne Franz Volderauer und Michael Pfurtscheller und die Mutter Gerdraut
Wiesfleckerin, sollen in die Fußstapfen des Vatters Johann Volderauer eintretten, und die
Handlung in Gesellschaft mit der bisherigen ditta [unter dem bisherigen Namen der Hand-
lung] Johannes Volderauer, bis der Sohn Franz auch fähig und 25 Jahr alt ist29, war für
sich selbst zu unternehmen, unverändert fortführen, und gewinn und Verlust mit einander
redlich theilen;“30
der Todestag Matthäus Pfurtschellers hervorgeht, wird in der Literatur im Allgemeinen 1779 als
das Sterbejahr angegeben. Adolf Hueber ist in diesem Zusammenhang wiederum als der wichtigste
Autor zu nennen. (Vgl. Hueber, Michael Pfurtscheller, 1891, S. 4.) Seine – in diesem Fall unrich-
tigen – Angaben wurden von nachfolgenden Autoren übernommen. (Vgl. z. B.: Pizzinini, Michael
Pfurtscheller, 1981; sowie: Egg, Kleineisenindustrie, 1987, S. 234; sowie: Helmut Leutelt, Die Ei-
senindustrie vom Handelshaus Pfurtscheller bis heute, in: Fulpmes, hg. v. Werner Köfler u. Eme-
rich Pittl, Fulpmes 1987, S. 255–259, hier: S. 256; sowie: Aubele, Handelshäuser, 1951, S. 197.)
Der hier zugrundeliegende Fehler reicht jedoch wohl zurück bis in die Zeit Michael Pfurtschellers.
Während im bereits mehrfach zitierten, im Nachlass Michael Pfurtschellers erhaltenen Auszug aus
den Stubaier Kirchenbüchern der Pfarrer von Telfes, Louis Haßlwanter, völlig richtig das Todesjahr
Matthäus Pfurtschellers mit 1777 angab, geschah wohl fast zeitgleich ein Abschreibfehler: Auf einem
separaten Stück Papier werden die Ergebnisse der Recherchen in den Kirchenbüchern in aller Kürze
noch einmal zusammengefasst. Matthäus Pfurtscheller sei 1779 gestorben heißt es hier nun. (Vgl.
Auszug aus Kirchenbüchern, 1841, TLMF, Hist. Samml., Nachl. MP, I, Bund 3, Nr. 1.) Die Inven-
tur des Besitzes des Verstorbenen wurde laut Verfachbuch am 12. Dezember 1777 durchgeführt.
Matthäus Pfurtscheller starb also zweifellos 1777 und nicht 1779. (Vgl. Verlassenschaftsabhandlung
Matthäus Pfurtscheller, 5. Dezember 1799, TLA, VB Stubai, 34/230, Bl. 355–365.)
26 Vgl. Trauungsbuch Fulpmes I, TLA, Mikrofilm Nr. 0661, Abschn. 2.
27 Vgl. Hueber, Michael Pfurtscheller, 1891, S. 5.
28 Vgl. Sterbebuch Fulpmes II, TLA, Mikrofilm Nr. 0661, Abschn. 6.
29 Die Voll- oder Großjährigkeit war gemäß der Maria-Theresianischen „Majorennitäts-Jahrebestim-
mung“ aus dem Jahr 1753 mit Vollendung des 24. Lebensjahres erreicht. (Vgl. Ursula Floßmann,
Österreichische Privatrechtsgeschichte, Wien 52005, S. 39.) Johann Volderauer verfügte also, dass sein
Sohn erst ein Jahr nach Erreichen seiner „Großjährigkeit“ die Handelsgeschäfte übernehmen sollte.
30 Vgl. Verlassenschaftsabhandlung Johann Volderauer, 18. Dezember 1799, TLA, VB Stubai, 34/230,
Bl. 372–402, hier: Bl. 375 v–376 r.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435