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340 5. Familie Pfurtscheller
sechs im Kindesalter verstorbenen Sprösslingen Michael Pfurtschellers sind auf einem
Grabstein auf dem Fulpmer Ortsfriedhof festgehalten: Im Alter von 9 Monaten starb
demzufolge am 30. Juni 1816 Anna Theresia, nach nur fünf durchlebten Tagen starb
Theres Juliana am 23. Juni 1823, am 8. August 1827 starb die elfjährige Creszenz Ve-
ronika Elisabeth, am 22. Februar 1831 starb Elisabeth Rosa im Alter von 9 Monaten,
und schließlich starb Creszenz Juliane am 4. Oktober 1832 mit 4 Jahren.121 Von den
17 Kindern Michael Pfurtschellers erlebten also sechs nicht das Erwachsenenalter,
vier starben überhaupt bevor sie ein Jahr alt wurden.122
Adolf Günther gibt in seiner bevölkerungs- und sozialstatistischen Untersuchung
Südbayerns und Westösterreichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Säuglingssterb-
lichkeit für das Gericht Stubai in den Jahren 1811/12 mit 15,8 Prozent bei Jungen,
14,3 Prozent bei Mädchen, im Durchschnitt schließlich mit 15 Prozent an.123 Dabei
ist jedoch zu bemerken, dass Günther in dieser Berechnung die Zahl der verstorbe-
nen Unter-Einjährigen mit den insgesamt vorgekommenen Sterbefällen in Beziehung
setzt, und nicht, wie sonst üblich, mit der Zahl der Lebendgeborenen.124 Er wählte
diese Vorgehensweise, da die Berechnung des Anteils gestorbener Säuglinge an den
insgesamt Geborenen auf Grundlage des vorhandenen Zahlenmaterials nicht mög-
lich war. Der Grund dafür ist, dass ihm die Geburtenzahlen des Jahrganges 1809/10,
die zur Errechnung der Säuglingssterblichkeit aus den Angaben zu den 1811/12 ver-
storbenen Unter-Einjährigen notwendig wären, fehlten.125 Eine ebenfalls statistisch
nicht ganz korrekte Berechnung auf Basis der Geburtenzahlen von 1811/12 und der
Säuglingssterbefälle aus demselben Jahr ergibt eine Säuglingssterblichkeitsrate von
121 Vgl. Taufbuch Fulpmes I, II u. III, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3–5; sowie: Ortsfriedhof
Fulpmes.
122 Vgl. ebd.
123 Vgl. Adolf Günther, Südbayern und Westösterreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Eine bevölke-
rungs- und sozialstatistische Darstellung mit 92 Tabellen und einer Karte, Innsbruck 1933, Tab. 43.
124 Aus Günthers Tabelle Nr. 38 wird ersichtlich, wie der Autor die Säuglingssterblichkeit errechnete.
Von insgesamt 80 Sterbefällen entfielen laut dieser Tabelle 12 auf Jungen und Mädchen unter ei-
nem Jahr. 15 Prozent der Sterbefälle betrafen also Säuglinge. Aus diesen von Günther angegebenen
Werten lassen sich nur bedingt Schlüsse über das Risiko ziehen, dass Kinder vor Erreichen des ersten
Lebensjahres verstarben. Wenn es etwa in einem Gericht viele Todesfälle von Über-Einjährigen gab,
sank dadurch Günthers Säuglingssterblichkeitsrate. Nimmt man für alle untersuchten Gerichte ein
ähnliches „Sterbeverhalten“ an, so sind die Werte zur Säuglingssterblichkeit doch als Vergleichswerte
verwendbar. (Vgl. Günther, Südbayern, 1933, Tab. 38 u. 43.) Die alternative Berechnung Günthers,
die die Geburten und die Säuglingssterbefälle ein und desselben Jahres miteinander in Verbindung
setzt, ergibt eine Säuglingssterblichkeitsrate von rund 15,4 Prozent. Auch diese Berechnung hat
jedoch nur bedingt Aussagekraft über die tatsächliche Säuglingssterblichkeit. (Vgl. Günther, Süd-
bayern, 1933, Tab. 35.)
125 Vgl. Günther, Südbayern, 1933, S. 115.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435