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362 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
baus, die in der Literatur teils auf die Erschöpfung der Lagerstätten, teils auf den
immer virulenter werdenden Holzmangel, der die Verhüttung der gewonnenen Erze
zunehmend verunmöglichte, zurückgeführt und auf das 17. Jahrhundert zurückda-
tiert wird, wären immer mehr Talbewohner dazu übergegangen, ihr wirtschaftliches
Auskommen im Schmiedehandwerk zu suchen.11
Wie wichtig dieser Erwerbszweig bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurde,
lässt sich aus Joseph von Stolz’ Angaben zur Zahl der in der Produktion von Metall-
waren Beschäftigten aus dem Jahr 1807 erahnen:
„Mit Inbegriff der Hufschmiede giebt es 85 Meister, wovon die bessern 2 bis 3 Gesellen,
und 1 Lehr Jungen halten. Viele davon arbeiten auch nur mit Weib und Kindern.“12
Insgesamt erwirtschaften zwei bis drei Fünftel der Talbewohner ihren Lebensunter-
halt direkt oder indirekt in der Fabrikation von, oder im Handel mit Metallwaren, so
schätzt von Stolz im Jahr 1807.13
11 Vgl. ebd. – Bereits in einem von einem unbekannten Autor stammenden Artikel mit dem Titel „Thal
Stubay in Tyrol“, erschienen 1806 im Innsbrucker Wochenblatt, wird das Ende des Bergbaus dem
Holzmangel zugeschrieben, der die Verhüttung des gewonnenen Erzes verunmöglicht habe. (Vgl.
Thal Stubay in Tyrol, in: Innsbrucker Wochenblatt, Nr. 18, 5. Mai 1806.)
12 Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom Thale
Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil B, Nr. 35. – Es
gibt unterschiedliche Angaben hinsichtlich der Zahl der Anfang des 19. Jahrhunderts in der Metall-
warenerzeugung Tätigen: Nahezu zeitgleich mit Joseph von Stolz, und ebenfalls im Rahmen der Erhe-
bungen zu einem Artikel über das Stubaital in der Zeitschrift „Sammler für Geschichte und Statistik
von Tirol“, zählte der für das Stubaital zuständige Aktuar des Landgerichtes Innsbruck, Johann von
Anreiter, 86 Meister, die 46 Gesellen, 43 Lehrjungen und 87 Frauen in ihren Schmieden beschäfti-
gen würden. (Vgl. Johann von Anreiter beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1808], Statistische
Nachrichten vom Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/
III, Teil E, Nr. 5. – zu von Anreiter vgl. Kap. 3.3.3.2., Anm. 195.) Michael Pfurtscheller führt in einer
1815 erstellten Tabelle mit dem Titel „Verzeichnis der Comerzialschmiede, mit bemerckung ihrer Fab-
rizierenden Waarengattungen, nebst anfügung ihrer Marcke oder Unterscheidungszeichen“ insgesamt
91 verschiedene Meister auf. (Vgl. „Verzeichnis der Comerzialschmiede“, 26. Dezember 1815, TLMF,
Hist. Samml., Schachtel „Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr. 1–3.) An anderer Stelle heißt es, es
gebe 93 Meisterschmieden im Tal, 70 in Fulpmes, 8 in Neustift, 7 in Telfes und 5 in Mieders. (Vgl.
„Antworth auf anfragen über Stubajy Handel und Fabrikazion“, o. D., TLMF, Hist. Samml., Schachtel
„Zünfte – Schmiede im Stubaital“, Nr. 4, Antwort i.) Im Jahr 1825 seien „93 Meister mit ungefähr
130 Gesellen, und 100 Hülfsarbeitern aus dem Bauernstande“ in der Metallwarenproduktion tätig
gewesen, so ein Artikel in der Zeitschrift des Ferdinandeums aus demselben Jahr. Von den Meistern
seien 73 in Fulpmes, 8 in Neustift, 7 in Telfes und Plöven, und 5 in Mieders und Schönberg ansässig
gewesen. (Vgl. O. A., Das Thal Stubei und dessen Bewohner, 1825, S. 204.)
13 Vgl. Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten vom
Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil C, Nr. 12.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435