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6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 369
„Titl. Hr. v. Hörmann hat in seiner Schilderung vom Thal Stubaj32 – (welche Sie vielleicht
zum Leitfaden Ihrer neuen aber gedrängteren Beschreibung nehmen?) die Einwohner als
Wohlhabend ausgeschrieben, selbe könnten es sein, wenn nicht die Elementar Stürme von
bekannten Jahrgänge […] so bedeutende Schäden und Neue aehnliche Gefahren veranlas-
set hätten. […]
Überhaupt muß ich Ihnen um kluge Vorsicht bitten – damit der habsüchtigen Regierung
nicht etwa einfalle – die Gewerbfleißigen Stubajer mit noch höhere Steuern zu belegen.
Der Industrie aufzuhelfen – könnte die Regierung durch vorzugsweise zumitlung der Ur-
stoffe (Bergwerksmaterialien) mit allen von fleissigbester Qualität gearbeitet und nidrig-
möglichsten preiß – allenfalls auf Zahlungsfristen wesentlich beitragen: man erkennt ande-
rerseits mit wärmsten Dank die Ausschlüssung fremder Waaren: allein um einen nun viel
mehr angebreitteten Handel zu führen (welcher sich jezt auch auf Seehäfen erstrecket) sind
die finanzielen Kräfte der Fabrickanten u. Verleger zu gering – um noch größern Verkehr zu
erzweken oder decken zu können
Meine Wenigkeit hat gewiß viel zur Verbesserung und Verfeinerung der daigen Manufak-
turwaaren geholfen u. gethan, und viel gewagt – um den Verschleiß zu erweittern – ich
verlor an Schmiede und bej Inn u. ausländischen Handelsleuten seit 15 Jahren wenigst 12
Tausengulden. was ich erweisen könnte: Solche schlapen lassen sich ohne anderweittige
Unterstitzung eben nicht auswetzen:
Meine Waaren versändungen im Vorigen Jahr nach dem Innlande (einschlüßlich Triest)
belauften 76.349 Pfund und nach auswärttigen Statten 33.310 Pfund zusammen 109.659
Pfund – wie mündlich erinnert33 werden andre Kauf- und Handelsleute beiläufig eben so
viel und zwar größern theils nach auslande verkaufen.“34
Offensichtlich sah Pfurtscheller in einer allzu positiven Darstellung der Wirtschafts-
lage im Stubaital eine Gefahr für seine Interessen. Die „habsüchtige Regierung“
könnte, so fürchtete er, davon ausgehend ihre Steuerforderungen an die lokalen Ge-
werbetreibenden erhöhen. Um dem vorzubeugen, sollten von Högwein vielmehr die
ungünstigen topographischen Gegebenheiten des Gebirgslandes betont werden, da-
32 Ob Pfurtscheller hier auf die erwähnten Ergebnisse der Recherchen Dipaulis und von Hörmanns für
den „Sammler“ anspielt, oder aber auf von Hörmanns Unterkapitel aus dem Jahr 1816, ist unklar.
33 Es fand also nicht nur ein Briefwechsel zwischen Pfurtscheller und Högwein statt, die beiden trafen
sich offensichtlich auch persönlich.
34 Entwurf Michael Pfurtscheller an Nikolaus Ferdinand Högwein, 9. August 1821, TLMF, Hist.
Samml., Schachtel „Abhandlungen. Berichte, Informationen, ‚Abschilderung‘: Bauernrichter Rit-
ten, ‚Vorstellungen‘, Notizen u. Ä.“, Abt. „Pfurtscheller: Wirtschaftliche Situation d. Stubaitals
(1822/1825)“, Nr. 4.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435