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6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 403
ler allein diesen Schuldbriefen zufolge 2125 Gulden, die jährlich mit vier Prozent zu
verzinsen waren, zu fordern.156
Auch in den Gerichtsprotokollen der folgenden Jahre finden sich immer wieder
Schuldeingeständnisse von Fulpmer Schmieden, denen Pfurtscheller mit Rohmate-
rial, Lebensmitteln und Bargeld ausgeholfen hatte.157 Häufig blieb es jedoch offen-
bar nicht bei einem einmaligen Aushelfen. Die Schulden blieben meist über Jahre
bestehen und wuchsen im Laufe der Zeit oft auch noch weiter an. Ein besonders
eindrückliches Beispiel hierfür ist der Fulpmer Messerschmied Simon Peer: Am 18.
August 1813 ließ Peer seine Schulden bei Michael Pfurtscheller in Höhe von 50 Gul-
den gerichtlich protokollieren – die kleinste an diesem Tag aufgezeichnete Summe.
Er hatte von Pfurtscheller Lebensmittel und „Waren“ – also wohl Rohmaterialien
– erhalten.158 Bis zum Jahr 1823 waren die Schulden auf immerhin 90 Gulden an-
gewachsen. Pfurtscheller trat zu diesem Zeitpunkt seine Forderungsrechte bei Peer
als Schenkung an den Fulpmer Armenfond ab, hatte also von Peer nichts mehr zu
fordern.159 Bereits im folgenden Jahr, am 5. Oktober 1824, musste Simon Peer je-
doch abermals Schulden bei Michael Pfurtscheller vor Gericht zu Protokoll geben.
Diesmal ging es um 200 Gulden, die er wiederum in Form von Lebensmitteln, Ei-
senlieferungen und einem Bardarlehen erhalten hatte.160 Etwas mehr als zehn Jahre
später, im Frühjahr 1835, waren Peers Verpflichtungen gegenüber Pfurtscheller er-
neut angewachsen. Dieser hatte Peers Schulden beim Höttinger Bäckermeister Peter
Mesner beglichen.161 Schließlich gingen die Schulden Simon Peers sogar auf dessen
Kinder über. Im Rahmen der Vermögensübergabe Michael Pfurtschellers an seine
Söhne im Jahr 1844 findet sich in der Auflistung der von Pfurtscheller bei diversen
Schuldnern zu fordernden Beträge auch der Eintrag „Bey Simon Peers Kinder zu
Vulpmes – 475 f [Gulden]“.162
156 Vgl. Schuldeingeständnisse Fulpmer Schmiede, 18. August 1813, TLA, VB Stubai, 34/246, Bl. 186–200.
157 Die einzelnen Schuldeingeständnisse gehen aus den verschiedenen Bänden des Verfachbuches her-
vor. (Vgl. TLA, VB Stubai, 34/236–34/316.) Einfacher lässt sich ein Überblick über die Schmiede
unter Michael Pfurtschellers Schuldnern aus dem Protokoll seiner Vermögensübergabe im Jahr 1844
gewinnen. Unter den 59 hier angeführten Schuldnern sind über zwanzig Fulpmer, die klar mit der
Metallwarenproduktion in Verbindung zu bringen sind. (Vgl. Vermögensübergabe Michael Pfurt-
scheller – Johann und Franz Pfurtscheller, 30./31. Oktober 1844, TLA, VB Stubai, 34/318, Bl.
692–712, hier: Bl. 704 v–707 r.)
158 Vgl. Schuldeingeständnis Simon Peer, 18. August 1813, TLA, VB Stubai, 34/246, Bl. 192.
159 Vgl. Schuldzession Pfurtscheller an Armenfond, 23. April 1823, TLA, VB Stubai, 34/268, Bl. 114.
160 Vgl. Schuldeingeständnis Simon Peer, 5. Oktober 1824, TLA, VB Stubai, 34/270, Bl. 246.
161 Vgl. Pfurtscheller übernimmt Schulden Simon Peers, 21. März 1835, bzw. 17. Mai 1835, TLA, VB
Stubai, 34/300, Bl. 261.
162 Vgl. Vermögensübergabe Michael Pfurtscheller – Johann und Franz Pfurtscheller, 30./31. Oktober
1844, TLA, VB Stubai, 34/318, Bl. 692–712, hier: Bl. 706 v.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435