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6.5. Pfurtschellers Krämerei 423
„Früher zwei halbe und eine von Grund aus ganz neuerbaute Behausung, dabey befind-
licher Schanks- und Krämereibefugnisse nebst Stadl, Stallungen andere Zu- und Ingebäu-
den […]“230
Eine von Krämer Michael Pfurtscheller ausgestellte Quittung, die sich im Pfarrarchiv
in Fulpmes findet, zeigt zumindest einen – wohl sehr kleinen – Teil des angebotenen
Sortiments: Demzufolge hatte der zuständige Kirchenpropst Johann Prezl Pfurtschel-
ler für Baumöl, Wachs und Kerzen „zur Beleuchtung daiger Kirche“ in den Jahren
1819 bis 1823 bezahlt. Pfurtscheller unterzeichnet die Quittung mit dem Zusatz
„Krämer“.231 Eine andere Quelle aus dem Jahr 1819 weist Michael Pfurtscheller au-
ßerdem als „Pulververschleißer“ aus. Aus einer Mitteilung des Landgerichtes Matrei
geht hervor, dass er und ein gewisser Peter Salchner in Neustift als einzige im Tal be-
rechtigt waren, Schießpulver zu verkaufen.232 Einer Stellungnahme der im Ort ansäs-
sigen Krämer Maria Jenewein und Michael Pfurtscheller hinsichtlich der Verleihung
einer Krämereikonzession für Franz Ralling im Jahr 1833 zufolge war Pfurtscheller
außerdem auch „k.k. Tabak […] Traffikant“.233 Ob auch das Material, das er infolge
der Renovierung des Fulpmer Kirchturms 1827 als „Krämer“ in Rechnung stellte
– Bauholz, Nägel, Seife zum „Treibseil einschmieren“, sowie Malerbedarf wie etwa
Leinöl, Farbe, die Farbstoffe Zinnober und „Gallmei Asche“ oder Pinsel – zum übli-
chen Sortiment der Krämerei Pfurtschellers gehörte, ist fraglich. Pfurtscheller könnte
diese Waren auch eigens für die Arbeiten am Kirchturm angekauft haben.234
Die bereits angedeutete Quellenarmut bezüglich der Krämerei Pfurtschellers kann
als Indiz für deren untergeordnete wirtschaftliche Rolle für die Familie interpretiert
werden. Jörg Rodes Urteil über den lokalen Krämerhandel im Innkreis in seiner Un-
tersuchung des Handels im Königreich Bayern um 1810 passt zu dieser Annahme.
So übten der bereits thematisierten „Montgelas-Statistik“ aus den Jahren 1811/1812
zufolge nahezu alle Krämer neben dem Handelsgewerbe noch ein weiteres aus, um
ihre Lebenshaltungskosten zu decken.235
230 Vermögensübergabe Michael Pfurtscheller – Johann und Franz Pfurtscheller, 30./31. Oktober 1844,
TLA, VB Stubai, 34/318, Bl. 692–712, hier: 693 v.
231 Vgl. Quittung von Krämer Michael Pfurtscheller, o. D. [1823], Pfarrarchiv Fulpmes, Militärkoffer
Dachboden.
232 Vgl. Erhöhung des Pulverpreises, März 1819, TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 2, 1819, Abt. XIV.
233 Vgl. Stellungnahme Fulpmer Krämer, 1. März 1833, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 34, 1833,
Abt. IX.
234 Vgl. Rechnung für Kirchturmbau, 26./31. August 1829, TLA, Aktenserie LG Mieders, Fasz. 38,
1828–1830, Bündel „LG Stubai 1830 – alle Abteilungen“.
235 Vgl. Rode, Handel im Königreich Bayern, 2001, S. 168; sowie: Kap. 6.2.3.2.
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435