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24 Einleitung
Institution Religionsfonds
Die neuere Kulturgeschichte versucht die angesprochenen ›Institutionsformen‹ un-
ter Betonung der zeitlichen Dimension stärker miteinander zu verknüpfen und sieht
in »sozialen und politischen Institutionen zentrale Medien und Orte menschlichen
Handelns«.40 Dabei konzentriert sich der erkenntnisleitende Fokus auf drei markante
Aspekte (Institutionalisierung, Institutionen und Gruppen und institutionelle Mecha-
nismen), die inhaltlich in der vorliegenden Studie auf den Bukowiner gr.-orient. Reli-
gionsfonds als analytische Kategorien Anwendung finden und zunächst in vier Thesen
formuliert werden. Über die Betrachtung der langen Dauer institutioneller Zeit steht der
Wandel dieser Aspekte, bezogen auf den Religionsfonds, in ihrer jeweils unterschiedlich
intensiven Konfiguration zwischen 1848 und 1949 im Blickfeld (siehe Abb. 1). Instituti-
onelle Neuerungen bzw. Wandel ergeben sich dabei in der Regel nicht ausschließlich aus
dem zielgerichteten Streben Einzelner, sondern aus »akkumulierten Nebenwirkungen
der Tätigkeit von Akteuren«.41 Aus dem eingangs ausgebreiteten ersten Übersichtsbe-
fund zur institutionellen Entwicklung des Religionsfonds lässt sich dem folgend und
mit Blick auf die nationale Frage ein Bogen zwischen supranationaler und nationaler
Leitidee spannen. Ihre Umsetzung im Alltag ist anhand der Wirkungs- und Funktions-
weise institutioneller Reproduktionsmechanismen (Schule, Universität, Pfarren etc.),
des Zusammenspiels von politischem Ausgleichsversuch 1910 und nationalem Kir-
chenkampf zwischen der sich in steigendem Maße als rumänisch verstehenden Ortho-
doxie des Kronlandes, den ruthenischen Gläubigen und den (ebenfalls ruthenischen)
Unierten (die in ihrer absoluten Zahl in der Bukowina vergleichsweise unbedeutend
waren) zu bewerten. Daraus resultiert
– parallel zu seinem organisatorischen Feld
– ein
auch zeitgenössisch sichtbarer immanenter Öffentlichkeitsbezug des Fonds. Dieser mit
Werten aufgeladene Bezug wurzelt einerseits in seinem eigenen Geltungsanspruch als
Institution sowie andererseits in seiner Nähe bzw. seinem diskursiven Verhältnis zur
staatlichen Ideologie (i.e. der Leitidee des Herrschaftszentrums).42 Die zuvor schon
angerissene Stabilisierungsleistung durch eine Institution wirkt in die Gesellschaft vor
&view=article&id=941&Itemid=1534] ; Müller 2012, Bodeneigentum, 338f. sowie Siegrist 2007,
Propertisierung ; Siegrist & Troebst (Hg.) 2012, Institutionenwandel ; vanMeurs & Müller
(Hg.), Institutionen.
40 Blänkner 1994, Überlegungen, 85 ; zu den institutionellen Mechanismen vgl. im Besonderen Reh-
berg 2001, Institutionalität.
41 Offe 2003, Institutionen, 180 ; Béland 2009, Ideas, 702.
42 Dauss & Rehberg 2009, Raumsymbolik, 110. Zum Problem der ›österreichischen Identität‹ vgl.
Beller 2001, Kraus.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439