Page - 286 - in Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949 - Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
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286 Die Institution: Struktur & Werte
verwaltung zu einer gemischten Gesellschaft mit beschränkter Haftung verschmolzen
(Societatea Anonimă Domeniile Bucovina).146 Letztere wurde schließlich mit dem Gesetz
Nr. 119 vom 11. Juni 1948 nationalisiert, d.h. zum Eigentum der neu proklamierten
Volksrepublik Rumänien erklärt und nach einer kurzen Periode der physischen Liquida-
tion 1949 endgültig aufgelöst.147
Zusammenfassung
Die Umbrüche des Jahres 1918 brachten in allen gesellschaftlichen Bereichen und his-
torischen Räumen Rumäniens erhebliche Veränderungen mit sich. Die orthodoxe(n)
Kirche(n) waren davon in besonderer Weise betroffen, galt es hier doch, mit Verweis
auf das neue Königreich, eine ebensolche strukturelle wie inhaltliche Einheit zu finden.
Innerhalb dieses komplexen Vereinigungsprozesses kam der Bukowina sicherlich eine
besondere Stellung zu. Die orthodoxe Landeskirche hatte zuvor als Teil des Habsbur-
gerreiches in der Region eine privilegierte Position inne und dabei zahlreiche Freihei-
ten genossen, wenngleich sie dennoch stets gewissen Vorgaben Wiens untergeordnet
blieb. Zudem verfügte sie – als einzige der orthodoxen Kirchen Rumäniens – über ein
beträchtliches Vermögen und ein dementsprechendes Selbstwertgefühl, das zu einem
nicht geringen Teil eben aus diesem ›Reichtum‹ erwachsen war. Das imposante Resi-
denzgebäude des Metropoliten und die Universität in Czernowitz mit ihrer theologi-
schen Fakultät standen geradezu als Symbol für diese Haltung.
Die Epochengrenze zeigte sich für die Bukowina und die Öffentlichkeit ihrer Gesell-
schaft auch in anderer Hinsicht. In den deutschsprachigen Zeitungen von Czernowitz –
und das steht in einem auffallenden Gegensatz zur Periode vor 1918 – verschwand die
Thematik ›Religionsfonds‹ oder ›orthodoxe Kirche‹ allmählich. Das nunmehr als Teil
einer nationalen Minderheit eingestufte deutschsprechende Bürgertum hatte mit dem
Verlust seiner politischen Macht als ehemaliger Staatsnation schrittweise auch die kul-
turelle Deutungshoheit über den öffentlichen Raum abgeben müssen. Beide Themen-
bereiche waren aus diesem Blickwinkel offensichtlich ›rumänisch‹ geworden und nicht
146 Monitorul Oficial Nr. 82 v. 5.IV.1947, Decretul-lege Nr. 267 v. 16.XI.1946 ; nach Ciobanu 1993,
Fondul, 9 ; auch Clipa 2006, Fondul, 77. Monitorul Oficial Nr. 8 v. 8.IV.1947, Legea Nr. 911/1946
prin decretul-lege Nr. 3255/1946.
147 Die Liquidierungskommission (sie arbeitete von 19.VIII.1949 bis 31.III.1950) basierte auf dem De-
cretul Prezidial Nr. 273/1949 u. Deciziunii Ministerului Finanţelor Nr. 68.081 v. 19.VIII.1949 ; ANR-
S inv. 35 pach. 2–1950, fol. 2, Comisia de Lichidare Fondului Bisericesc Ort. Rom. din Bucureşti Nr.
374/949 ; ANR-S inv. 35, Prefaţă ; dazu im Überblick Deletant 2004, România sowie Tismane-
anu 2003, Stalinism.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439