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8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948
»Se va întroduce timpul de Bucureşti înaintându-se orarul cu un ceas.«1 Dieser einfache
Satz, mit seinem aus der zeitlichen Distanz unscheinbar anmutenden Charakter einer
gewöhnlichen Verordnung, drückt für die Epochengrenze der Bukowina, wie Mariana
Hausleitner die Herbstwochen des Jahres 1918 benennt2, mehr als bloße Symbolhaftig-
keit einer neu angebrochenen Zeit für die Provinz aus. Mit Umstellung der Uhren in der
Bukowina, wo bis zum 25. November 1918 Wiener Zeit gegolten hatte (also eine Stunde
früher als Bukarest), fand nicht nur eine rein praktischen Gesichtspunkten folgende
Homogenisierung statt. Im Fahrwasser der Einführung der osteuropäischen Zeit und
der damit einhergehenden definitiven Ausrichtung auf die Hauptstadt des rumänischen
Königreiches zeichneten sich markante inhaltliche Brüche ab. Das betraf in gravierender
Weise die Idee von Region, des von ihr ausgehenden Identitätsangebotes und -verständ-
nisses sowie eben auch die in Cisleithanien bis dahin zumindest ansatzweise vorherr-
schende föderalistische Auffassung des Staatsaufbaues. Damit hob ein sich letztlich über
die gesamte Zwischenkriegszeit hinziehender komplizierter Entflechtungs- wie gene-
reller Umorientierungsprozess an, der bis zur ersten Teilung der Bukowina durch die
sowjetische Invasion im Jahr 1940 wohl administrativ abgeschlossen gewesen sein mag,
gesellschaftlich jedoch noch weitgehend im Laufen war. Erst durch den Zweiten Welt-
krieg, die Pariser Friedenskonferenz von 1946 und ihre Folgen fand auch diese Ebene
eines 1918 eingesetzten Integrationprozesses ihr jähes Ende. Dabei hatte sich allerdings
nicht ›bloß‹ die hinzugekommene Region neu auszurichten und anzupassen, auch der
gerade erst im Entstehen begriffene rumänische Zentralstaat musste sich von Grund auf
neu konstituieren, um die Folgen von 1918 überhaupt bewältigen zu können.3
Die synthetische Formel des gemeinsamen rumänischen Raums als politischer Lo-
sung
– die 1918 in Erfüllung gegangen zu sein schien, Rumänien vom Dnister bis zur The-
iss (România de la Nistru pân’ la Tisa) – verdeckte im allgemeinen Jubel weitgehend die
enorme gesellschaftliche Heterogenität des sich mit Kriegsende neu definierenden Staats.
Letztere war ein unmittelbares Resultat der beträchtlichen Gebiets- wie Bevölkerungsge-
winne. Die Idee des 1916 noch lediglich imaginierten größeren zentralisierten National-
staates fußte auf einer Gesellschaft, in der rund 80% der bäuerlichen Bevölkerung ange-
hörten, von denen (im Altreich) wiederum 60% weder in der Lage waren zu schreiben
1 [Es wird die Bukarester Zeit eingeführt und die Uhr um eine Stunde vorgestellt.] Monitorul Bucovi-
nei, 1918, Decretul-lege, Fascicula 3, ordonanţa Nr. 6, Introducere timpului de Bucureşti în Buco-
vina 17.XII.1918.
2 Hausleitner 2000, Epochengrenze, 119.
3 Murgescu 2010, România.
Open Access © 2020 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439