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28 Einleitung
Analyseeinheiten und Thesen
Aus den vorangestellten Überlegungen können daher zusammenfassend nachstehende
analytische Einheiten zur Institution des Religionsfonds formuliert werden. Sie for-
men die drei zentralen Teile der vorliegenden Arbeit. Der Aspekt Institutionalisierung
ist weitgehend chronologisch orientiert. Er widmet sich der Entstehung des Fonds, den
Prozessen seiner physischen Strukturierung als Organisation und – über die schritt-
weise Einbindung in die sich herausbildende Gesellschaft der Bukowina als Region –
seiner fortschreitenden Institutionalisierung. Institution & Akteure : Hier stehen die
(Erz-)Bischöfe sowie das Konsistorium als Entscheidungsträger und Vermittler der je-
weils zentralen Leitidee im Zentrum der Betrachtung, aber auch der Staat bzw. seine un-
mittelbaren Vertreter in ihrem Einfluss auf den Fonds. Die Abhängigkeit des Fonds als
Institution einerseits vom Zentrum und andererseits von der regionalen Alltagsrealität
bilden einen weiteren Fokus der Analyse, ebenso wie die Frage nach der persönlichen
Rolle des jeweiligen (Erz-)Bischofs sowie einzelner Vertreter der regionalen Kirchen-
hierarchie und ihrer religiös wie politisch motivierten Beweggründe in der Entschei-
dungsfindung für die Ausrichtung des Fonds. Schließlich ist auf die institutionellen Me-
chanismen einzugehen. Dabei ist die Frage nach der Reproduktion eigener Eliten ebenso
zu stellen wie nach den Steuerungsmöglichkeiten des regionalen politischen Diskurses
über den Fonds. Auch ist dessen spezifischer Beitrag zum überregionalen, nationalen
Diskurs – angesiedelt im Spannungsfeld Zentrum-Peripherie – zu überprüfen. Hieraus
sind vorab vier für diese Studie zentrale Thesen zu formulieren :
These 1: Gründung der Institution und Aufgabe
Die Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds der Bukowina durch Jo-
seph II. hatte ein klares Ziel, das mit der Neuordnung des modernen Territorialstaates
in enger Beziehung stand : Die Schaffung einer regionalen, wirtschaftlich verlässlichen
Basis für die neugewonnene Provinz und die Möglichkeit zentralstaatlichen Durchgriffs
auf einen wesentlichen Teil der untersten Verwaltungsebene bei gleichzeitig kontrollier-
ter Einbindung wie Instrumentalisierung des geistlichen Standes. Der Kaiser legte damit
den Grundstein für eine zentrumsloyale Organisation, deren primärer Schwerpunkt auf
der erwarteten Ordnungsleistung bestand. Im Verbund mit der neu arrondierten (or-
thodoxen) Kirchenprovinz lag aber bereits der Kern einer zweigeteilten Orientierungs-
leistung als latenter Auftrag einer werdenden Institution : die Schaffung einer neuen
Provinz mit ihrem eigenen Bewusstsein und deren gleichzeitige ideelle Ausrichtung auf
das Zentrum Wien. Der Religionsfonds spiegelte somit in regional basierter, verkleiner-
ter Form die Idee des modernisierten Habsburgerstaates wider. Als kirchliche Institu-
Open Access © 2020 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439