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242 Die Institution: Struktur & Werte
(und bis heute sind). Mit fast 500 Kilogramm an Wertpapieren, verteilt auf acht Kof-
fer, traf die Kommission schließlich nach zwei Tagen und zwei Nächten Fahrt auf dem
Hauptbahnhof in Czernowitz ein.99 Insgesamt zog sich dieser finanzielle Entflechtungs-
prozess allerdings bis Mitte der 1920er Jahre. So leitete Ion Nistor etwa noch 1924 eine
entsprechende diplomatische Mission in der Republik Österreich, unter anderem mit
der Aufgabe, Religionsfondsmittel zurückzuholen.100
Zusammenfassung
Insgesamt lassen sich rückblickend drei Phasen in der Entwicklung des Religionsfonds
bis 1918 konturieren.101 Die erste Phase, die etwa bis 1867 andauert, ist vorwiegend durch
eine extensive Nutzung der Ressourcen des Fonds gekennzeichnet. Es fehlten noch die
nötigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die erst während der zweiten Phase (bis
etwa 1898) geschaffen wurden und dann allmählich zum Tragen kamen. Vor allem der
Anschluss an das Eisenbahnnetz förderte auf nachhaltige Weise ›Industrialisierung‹ wie
Kapitalisierung der Fondsressource Wald. Für die dritte Phase sind wirtschaftliche Ver-
dichtung, der weitere Ausbau von Infrastruktur und eine zunehmende Professionali-
sierung wie Modernisierung in der Organisation charakteristisch. Resümierend lassen
sich daher am Ende der österreichischen Herrschaft in der Bukowina für dieses Kapitel
zumindest zwei zentrale Aspekte herausheben. Einerseits kann, beginnend mit der Neu-
strukturierung am Ende des 19.
Jahrhunderts, eine sichtlich erfolgreiche wirtschaftliche
Konsolidierung des gr.-orient. Religionsfonds konstatiert werden. Diese äußerte sich
nicht nur in einer zunehmend effizienteren Verwaltung und modernen Bewirtschaftung
seiner Güter, sondern bildete sich auch in steigenden Einnahmen ab, welche ihrerseits
wieder investiert wurden. Den Wiener Zentralstellen war freilich viel an dieser Entwick-
lung gelegen, konnten sie sich doch regelmäßig der gut gefüllten Taschen des Religions-
fonds bedienen, um das Staats- wie Landesbudget bei notwendigen Investitionen im
Kronland zu entlasten. Die Gelder flossen in ihrer überwiegenden Mehrheit stets in die
Region, von den Kriegsanleihen einmal abgesehen. Die Entscheidungsstrukturen blie-
ben allerdings klar nach Wien ausgerichtet. Das Konsistorium konnte de facto bis 1918
ohne Zustimmung der staatlichen Behörden nichts beschließen, was die Fondsgeba-
rung betraf. Trotz dessen achtete der Staat weitgehend auf die Zweckbindung der Mittel,
99 DACZ 319/2/117, fol. 110, Schlussbericht Oberregierungs-Rat Enis und Güterdirektor Guzman,
Czernowitz v. 16.VIII.1921.
100 Alexa 1996, Nistor, 284f.; Glasul Bucovinei Nr. 1606 v. 1.VIII.1924, Titelseite, Interview cu d-l
ministru I. Nistor.
101 Gârbu 1931, Originea, 7f.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439