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10. Hebel strukturellen Wandels: Jakobeny – Dornawatra (1784–1949)
In der auf weiten Strecken fast ausschließlich agrarisch – an der Wende zum 20. Jahr-
hundert mit einem wachsenden Anteil auch forstwirtschaftlich – dominierten Bukowina
besetzte der industrielle Sektor und der ihm vorgeschaltete Bergbau ausgesprochene
Randpositionen. Es verwundert daher kaum, wenn die Czernowitzer Allgemeine Zeitung
1906 in einem ihrer Leitartikel feststellt : »Nur langsam und unter Ueberwindung man-
nigfacher Schwierigkeiten geht die Industrialisierung der Bukowina voran.«1 Trotzdem
kam zunächst gerade dem vergleichsweise bescheidenen Bergbau eine zentrale Bedeutung
in den Industrialisierungsbestrebungen des Kronlandes zu. Jakobeny (dt. auch Jakobeni,
rum. Iacobeni)
– an der Grenze zu Siebenbürgen
– gehörte in dieser Hinsicht gemeinsam
mit dem späteren Kurort Dornawatra (dt. auch Dorna Watra, rum. Vatra Dornei) zu je-
nen Siedlungen, die vor 1914 als Modernisierungsinseln überregionale Ausstrahlung für
die Provinz erlangten. Obgleich Abbau und Weiterverarbeitung der Bodenschätze bzw.
die Nutzung der Forste und der Mineralquellen lange Zeit in ihrer Wirkung kaum über
das Kronland selbst hinausreichten, entstanden im gebirgigen Südwesten des Landes erst
dadurch dauerhaft größere Siedlungsstrukturen. Mit den Werken von Jakobeny verfügte
die Bukowina über einen vergleichsweise zu anderen Provinzen des Habsburgerreiches
nur bescheidenen Erzbergbau, der allerdings regional bemerkenswert war. Die zur Mitte
des 19.
Jahrhunderts im primären Wirtschaftssektor eintretende Krise drohte die Gesamt-
struktur dieses Gebirgsrayons zu gefährden. Mit der Übernahme des Bergwerks durch
den Religionsfonds gelang es indes, den drohenden Abschwung zu stoppen und eine für
die Region erfolgreiche Umstrukturierung einzuleiten. Der Ausbau der nahegelegenen
Heilquellen und Bäder bei Dornawatra zu einem mondänen und in der Monarchie weit-
bekannten Kurort begünstigte zudem dieses Modernisierungsvorhaben.
Im Weiteren solle es daher darum gehen, die verschiedenen Phasen des angesprochenen
Strukturwandels in der Bukowina mit ihren weitreichenden Folgen punktuell nachzuzeich-
nen. Am Beispiel zweier für die Provinz bedeutender Siedlungen (Jakobeny, Dornawatra)
und zeitlich ausgehend vom letzten Drittel des 18. bis ins beginnende 20.
Jahrhundert wird
die Analyse in Form eines Längsschnittes vorgenommen. Ebenso sollen dabei wichtige öko-
nomische Facetten der rumänischen Zwischenkriegszeit, die den Religionsfonds als Insti-
tution betrafen – wiederum mit lokalem Fokus auf die ausgewählten Orte –, beispielhaft
Eingang finden. Aus dieser Perspektive ist nicht nur die Rolle des gr.-orient. Religionsfonds
als quasi staatlichem jedoch regional verankertem Modernisierungsmotor auszuleuchten,
sondern zugleich eine inhaltliche Brücke über einen längeren Zeitraum zu den als Quer-
schnitten angelegten Kapiteln über die jeweilige Wirtschaftssituation des Fonds zu schlagen.
1 Czernowitzer Allgemeine Zeitung Nr. 605 v. 11.I.1906, Industriefragen, Titelseite.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439