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46 Die Organisation: Von der Gründung zur Konsolidierung
rischer Verwalter der Bukowina nachgefolgt war, hob denn auch diesen josephinischen
Grundsatz der Reform von Kirche und Religion als den zentralen Ansatzpunkt für eine
tiefgreifende Umgestaltung dieser Provinz im Sinne des Staates besonders hervor, nicht
ohne gleichzeitig auf drängende Verbesserungsschritte aufmerksam zu machen : »So
nöthig eine gute Polizei, das Justizwesen, die gute Bestellung des Ackerbauers und der
Landwirtschaft und die Ordnung überhaupt einem gesittet werdenden Lande ist, ebenso
nöthig ist die gute Bestellung der Geistlichkeit, der Kirche und die strenge Darobhaltung
einer Religion, ohne welche der Pöbel als der mehrste Haufen der Menschen nicht wohl
in Furcht, Gehorsam und gehörigen Schranken weder zum Nutzen des Staates noch des
Gemeinwesens selbst gehalten werden kann […]. Leider nur zu weit ist die Bukowiner
und die Moldauer Geistlichkeit aller Klassen von dieser Grundlage entfernt.«19
Diözesanregulierung & Einrichtung des Fonds
In kirchlicher Hinsicht war die Bukowina zu diesem Zeitpunkt zweigeteilt. Der größere,
südliche Landesteil unterstand in ecclesiasticis der Metropolie von Jassy, wohingegen
der Norden in die Diözese des Bischofs von Radautz fiel. Die gesamte Provinz gehörte
in die Jurisdiktion des Metropoliten von Jassy, Gavril Callimachi, von dem gleichzeitig
auch alle orthodoxen Klöster der Oberen Moldau abhängig waren.20 Das Eigentum an
Grund und Boden der angesprochenen Diözese und Metropolie in der Oberen Moldau
erstreckte sich zudem über die neu gezogene Grenze – sowohl im Fürstentum Moldau
wie umgekehrt – hinweg, was abseits der ohnehin komplizierten kirchlichen Situation
zusätzlich für erhebliche Schwierigkeiten bei der Landeseinrichtung durch Wien sorgte.
Obwohl Enzenberg in seiner Beschreibung der orthodoxen Geistlichkeit des Landes
insgesamt ein wenig schmeichelhaftes, dennoch kritisch differenziertes Zeugnis aus-
stellte, so fand er indes für den Bischof von Radautz durchaus lobende Worte. Aus sei-
ner Sicht führte der Geistliche einen »gerechten und auferbauenden, stillen und einge-
schränkten Lebenswandel«.21 Diese im Vergleich zum Metropoliten von Jassy ungleich
positivere Charakteristik mag wohl ebenso bewusst platziert wie ausschlaggebend gewe-
sen sein für den aus Wiener Perspektive letztlich günstigen Ausgang der Verhandlungen
hinsichtlich der anstehenden Diözesanregulierung.
engen Feßeln zu erhalten« ; Polek (Hg.) 1893, General ; zit. nach Grigorovici 1998, Bucovina,
Absatz 147, 76.
19 Denkschrift Enzenberg v. 30.X.1779 Das Geistlich- und Kirchenwesen ; zit. nach Zieglauer 1893,
Bilder I, 51.
20 Für 1780 werden 15 Klöster und 11 Skiten – (griech. Σκήτη), eine Form von Einsiedelei bzw. ein
kleineres Kloster
– angegeben ; DACZ 29/1/8 Ausweiß Über die Buckoviner Orthschaften 1780.
21 Enzenberg (s. Anm. 19) ; zit. nach Zieglauer 1893, Bilder I, 54.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439