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Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 249
organischen Verbindung mit dem ›Westen‹ auszugehen. Die zentralen Regierungsstel-
len der Habsburgermonarchie und – was die Bukowina betrifft – der österreichischen
Reichshälfte im Besonderen – hatten indes spätestens im Jahr 1918 ein »unfassbar« re-
alitätsfernes Bild von der Wirklichkeit oder
– positiver formuliert
– »ihre Erörterungen
hinkten den Ereignissen immer um mindestens ein halbes Jahr hinterher«.10
Mit dem Kriegseintritt des Königreiches Rumänien 1916 auf Seite der Entente ver-
schob sich auch in der Bukowina allmählich die nationale und kirchenpolitische Situa-
tion. Die irredentistischen Zentrifugalkräfte, die bei Jászi im Gegensatz zu Siebenbür-
gen vor dem Sommer 1914 noch durch den Zwist mit den Ruthenen gebunden waren,
hatten sich auf breiterer Basis radikalisiert und eine Richtung eingeschlagen, die immer
mehr auf eine Vereinigung mit Rumänien hinauslief. Die ideologisch-politische Füh-
rung der Rumänen übernahmen Intellektuelle wie Nistor und Flondor. In einem ersten
Schritt ist es daher Aufgabe dieses Kapitels, die sich im Spätherbst 1918 abzeichnenden
Grundtendenzen der Politik Bukarests in der Bukowina vorwiegend auf Basis der Lite-
ratur und ergänzend der Quellen zu skizzieren. Dafür bietet sich beispielhaft der Macht-
kampf zwischen den erwähnten beiden Proponenten der rumänischen Nationalidee in
der Bukowina an. Daran anschließend gilt es, die schrittweise Eingliederung der bishe-
rigen Landeskirche in das Königreich und das Verhältnis der Bukowiner zur Bukarester
Metropolie bzw. dem späteren Patriarchat so weit als nötig auszuleuchten. Zentral zu
analysieren bleibt insgesamt die Frage nach Kirchenautonomie, Kirchenkongress, Re-
ligionsfonds und seiner Struktur bzw. Neuaufstellung im geänderten politischen Kon-
text. In der Analyse der Neuverhandlung des Verhältnisses von Kirchen und Staat darf
allerdings ein dritter Faktor in diesem Beziehungsgeflecht nicht übersehen werden : die
Politik. Die Politik als Massenphänomen hatte schon nach der Jahrhundertwende in der
österreichischen Bukowina begonnen, Landeskirche und Religionsfonds eigennützig
zu instrumentalisieren. Jetzt, vor dem Hintergrund eines vergleichsweise schwachen
Staates, gewann die politische Sphäre sichtlich an Oberwasser, das ihre Proponenten zu
nutzen wussten.
Zwischen Autonomie und Zentralregierung
Die mit 1918 einsetzende Problematik der notwendigen Umstellung auf den neuen
Staat lässt sich mithin an den gehegten Erwartungen wie realen Schwierigkeiten der
Bukowiner Institutionen und ihrer Vertreter messen, sich gegen die von Bukarest
schrittweise ausgreifende neue Zentralmacht zu behaupten. Dieses Konfliktpotential
10 Sundhaussen 2000, Multiethnizität, 89 ; Rauchensteiner 2013, Weltkrieg, 999–1002 ; Rumpler
1966, Völkermanifest.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439