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314 Die Institution: Struktur & Werte
Der Fortbestand des kaum kostendeckend laufenden Betriebes konnte nur mehr durch
die Aufnahme von Krediten gewährleistet werden, darüber hinaus waren mit dem Ver-
armen der Kupferadern in Pozoritta auch die mittlerweile beträchtlichen Verluste des
Blei- und Silberbergwerks Kirlibaba untragbar geworden.35 Die Werke in Jakobeny stell-
ten ihren Betrieb 1849 ein. Kirlibaba musste letztlich 1859 geschlossen werden.36 Selbst
die Roheisengewinnung verlor mit der Eröffnung der Bahnstrecke von Lemberg nach
Czernowitz 1866 (1869 Czernowitz-Suczawa) gegenüber den Werken in Witkowitz
(tschech. Vitkovice/Ostrava) und Teschen (heute poln. Cieszyn) ihre Konkurrenzfähig-
keit und sollte alsbald auslaufen.37 Zu Beginn des Jahres 1862 hatten die Manzschen
Gewerke allein beim Religionsfonds, der im Auftrage des Staates als Hauptdarlehens-
geber fungierte, eine Schuld von über 500.000 Gulden angehäuft, die schließlich zur
Einleitung von langwierigen Vergleichsverhandlungen führte.38
Übernahme durch den Religionsfonds
Die in der Bukowina betriebene Erzverarbeitung umfasste – wie zu diesem Zeitpunkt
auch in anderen Teilen der Monarchie – in der Regel den gesamten Produktionsgang
vom Abbau über die Erzeugung und den Vertrieb der fertigen Waren. Vom seit der
Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt einsetzenden Bahnbau profitierte die österrei-
chische Eisenindustrie insgesamt, hingegen erfolgte die Anpassung an moderne Pro-
duktionsbedingungen vor allem in den entlegeneren Gebieten nur schleppend.39 Die
schlechte Anbindung der Bukowina an die Zentralräume der Monarchie trug daher
zusätzlich zur ungünstigen strukturellen Ausgangssituation der regionalen Montanin-
dustrie bei. Zudem konnten die Hochöfen statt mit hochwertiger Steinkohle nur mit
der qualitativ schlechteren Holzkohle befeuert werden, die für sich jedoch zusätzlich
einen kostspieligen Herstellungs- bzw. Bringungsprozess erforderte. Letztlich man-
gelte es auch aus diesen Gründen an ausreichenden Investitionsmitteln zur Umsetzung
dringend nötiger technischer Innovationen. Der in der Eisenindustrie Innerösterreichs
schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts merkbare Konzentrationsprozess auf einzelne
Standorte und wenige tonangebende Unternehmen hatte spätestens zur Jahrhundert-
35 Kleinwächter 1899, Bergbau, 508.
36 Catargi (Hg.) 1899, Bukowina, 468f.
37 Kleinwächter 1899, Bergbau, 509.
38 Die Finanzprokuratur wies per 1862 eine Gesamtschuldenlast von 1,4 Millionen Gulden aus ; DACZ
3/1/2125, fol. 18, Finanzprokuraturabteilung an Landespräsidium v. 20.III.1862 ; die Hypothekar-
forderungen des Religionsfonds gegenüber Vinzenz Manz v. Mariensee betrugen 525.000 fl.; DACZ
3/1/2592, Landesgericht Czernowitz an Landespräsidium v. 9.V.1864.
39 Im Überblick Matis & Bachinger (Hg.) 1973, Entwicklung.
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Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439