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4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds
Hatten die im Zentrum des Reiches gesetzten Reformschritte Kaiser Joseph
II. zunächst
lediglich den Rahmen für umfassende Veränderungen in der Verwaltung der habsbur-
gischen Territorien definiert, so stand jetzt die schwierige Umsetzung dieser Vorhaben
in den Regionen bevor.
So wurde etwa ein markanter Eckstein für die Entwicklung der Orthodoxie innerhalb
des Habsburgerreiches im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts gesetzt. Das Jahr 1774
leitete dabei das allmähliche Hereinnehmen der Oberen Moldau bzw. der Bukowina –
wie das Gebiet von österreichischer Seite wenig später offiziell tituliert wurde1 – in den
unmittelbaren habsburgischen Herrschaftsbereich ein.2 Im Gegensatz zu Siebenbürgen
und dem Banat, die beide zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahrzehnten unter Wiener
Einfluss standen, wies die Bukowina in ihrer gesellschaftlich-konfessionellen Verfasst-
heit eine gänzlich andere Struktur auf. Die kurzzeitige Herrschaft der Habsburger über
Teile Serbiens und der kleinen Walachei besitzt in dieser Hinsicht kaum eine eigene
Bedeutung und ist hier daher nicht näher zu erörtern.3 Während der siebenbürgische
Raum und (mit Einschränkung) auch das Banat vor allem auch durch ihre konfessi-
onelle Struktur nach Westen hin orientiert waren, gehörte die Bukowina als Teil der
Moldau in einen Kulturkreis, dessen Quellen spirituell gesellschaftlicher Entwicklung
weitestgehend in Kiew und vor allem in Byzanz bzw. im Patriarchat von Konstantinopel
lagen. Daran änderte die Ausbreitung des Osmanischen Reiches nur wenig. In seiner
inneren Verfasstheit blieb die Moldau gegenüber der Hohen Pforte zwar ein tributpflich-
tiges, jedoch im Inneren suzeränes Fürstentum mit einer mehrheitlich orthodoxen Be-
völkerung.4
Kirchliche Ausgangssituation
Mit der Aussteckung habsburgischer Adler entlang der äußeren Grenzen der Bukowina
zum Osmanischen Reich hin5 richtete sich einerseits die politische Valenz der Oberen
1 Scharr 2010, Landschaft, 121–142.
2 Obwohl sich im 18. Jahrhundert im Allgemeinen die Bezeichnung orthodoxe Kirche allmählich
durchsetzte, bestand in der Habsburgermonarchie die offizielle Benennung griechische bzw. grie-
chisch-orientalische Kirche bis zu deren Auflösung 1918 fort ; in Dokumenten des ausgehenden
18.
Jahrhunderts trifft man vereinzelt auf griechisch-schismatische Kirche oder in Unterscheidung zu
den Unierten auch die lateinische Variante graeci ritus non unitorum.
3 Brunner 1930, Österreich.
4 Im Überblick Murgescu 2006, Länder.
5 Scharr 2010, Landschaft, 132f.
Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Title
- Der griechisch-orientalische Religionsfonds der Bukowina 1783–1949
- Subtitle
- Kontinuitäten und Brüche einer prägenden Institution des Josephinismus
- Author
- Kurt Scharr
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20927-0
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 447
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Zum Geleit! 11
- Einleitung 13
- 1. Vorwort 13
- 2. Institutionen als Forschungsgegenstand: Analyse & Methodik 18
- 3. Aspekte des Josephinismus. Der katholische Religionsfonds 34
- 4. Gründung des griechisch-orientalischen Religionsfonds 43
- 5. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds Mitte des 19
- 6. Nationsidee, Kirche & Religionsfonds 116
- 7. Die wirtschaftliche Situation des Religionsfonds bis 1914 215
- 8. Fondul Bisericesc Ortodox Român 1918–1948 246
- 9. Die wirtschaftliche Situation um 1938 289
- 10. Hebel strukturellen Wandels : Jakobeny – Dornawatra (1784–1949) 306
- 11. Zusammenfassungen 340
- I. Verzeichnis ungedruckter Quellen 371
- II. Abbildungsverzeichnis 377
- III. Abkürzungsverzeichnis 380
- IV. Literaturverzeichnis 381
- V. Personenregister 433
- VI. Synoptische Ortsnamenkonkordanz 439