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3. Wasser
Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung
Die Wasserversorgung bildete
– wie es Elisabeth Suter für Zürich bezeichnet hat
– den
»Lebensnerv« einer vormodernen Stadt.1 Dass Wasser als zentrale und unentbehrliche
Ressource empfunden wurde, spiegelt sich in Linz in den Beschreibungen wider, die
bei Hausverkäufen die Vorzüge der Immobilie hervorhoben. Die in den 1720er Jah-
ren entstandenen Beschreibungen des Stockhofes, eines bäuerlichen Anwesens an der
Peripherie der Oberen Vorstadt, widmeten den umfangreichen Wasserinfrastrukturen
breiten Raum : Es gebe im Garten ein »Pründl […,] alwohin das springende Was-
ser durch bleyene gelegte Rohr« vom »Holzgrundt« oberhalb des Hofes »eingelaidet
wierdet«. Dazu verfüge man auch im Gebäude über fließendes Wasser, das sogar den
oberen Stock und die dortige Küche erreiche, »wormit man des Wasser Auf- und
Abtragens über die Stiegen nicht vonnöth hat«.2 Zudem bestehe ein neu errichteter
Ziehbrunnen mit »dem besten Traun waßer« und beim Pferdestall eine Schwemme
mit Brunnenwasser.3
Derartige dezentrale Lösungen bestanden bereits seit Jahrhunderten und dominier-
ten – wie in vielen anderen Städten4 – die Linzer Wasserversorgung bis ins 19. Jahr-
hundert. In der Regel verfügten die Häuser über eigene Grundwasserbrunnen (Sod-
brunnen), die sich im Hof oder im Garten, seltener im öffentlichen Raum befanden.5
Bei erhöhtem Wasserbedarf wurden mehrere Brunnen errichtet : Hinweise dazu gibt
es für Gasthäuser,6 auch bei der Neuerrichtung der städtischen Kaserne (»Wasser-
kaserne«) waren sechs Brunnen vorgesehen,7 von denen aber offensichtlich nur drei
tatsächlich gebaut wurden.8 Bei diesen Brunnen handelte es sich grundsätzlich um
private, also nicht öffentlich zugängliche Infrastrukturen. Dennoch gab es Nutzungs-
gemeinschaften, die mitunter in Verträgen sichtbar sind : Bei einem Häusertausch in
den 1750er Jahren verpflichtete sich z. B. der neue Besitzer dazu, die bisher bestehen-
1 Suter, Wasser, 79f.; vgl. als aktuellen Überblick : Janssens/Soens, Water.
2 LR CIIIH1 – 3, Reg. 548 (373 – 379) ; vgl. OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 443, D.XV.2/No. 56.
3 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 954, H.II/No. 2.
4 Vgl. z. B. Janssens/Soens, Water, 93 – 102 ; Tomory, Water ; Gandy, Wasser ; Tello/Ostos, Water, 350 – 352 ;
Broich, London, 2f. u. 34 – 36 ; Bauer, Bauch, 56 – 64 ; Tarr, Search, 8 ; Ebner/Weigl, Wasser, 59 ; Hye,
Geschichte, 53f.; Brunner/Schneider, Umwelt, 188f.; Schott, Urbanisierung, 109 – 111.
5 LR BIA1, Reg. 499 (164) ; LR BIIA42, Reg. 20060 (3) ; LR BVI2, Reg. 1127 (61 – 69) ; OÖLA, Land-
schaftsakten, Sch. 442, D.XV.2/No. 32.
6 LR E7e-g, Reg. 953 (234f.).
7 LR BIIA40, Reg. 19556 (8 – 13).
8 AStL, HS 409 (Bauraittung 1770), pag. 115.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364