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11. Naturgefahr
Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis
Infolge der Lage an der Donau, die als Gebirgsfluss gilt, war Linz regelmäßig von
Hochwasserereignissen betroffen, wenngleich die Lage der Stadt – leicht erhöht und
flussabwärts großflächige Überflutungsräume – im Hinblick auf das Überflutungsri-
siko als prinzipiell günstig zu erachten ist (vgl. Kap. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900).
Somit resultierte nicht jedes Hochwasser in Überschwemmungen und diese Extreme
tangierten nur einzelne Teile des städtischen und vorstädtischen Gebietes. Für die Zeit
vor den regelmäßigen Pegelmessungen
– in Linz setzte dies zu Beginn der 1820er Jahre
ein1 – können Überschwemmungsereignisse über Meldungen zu Schäden, Dauer und
zur räumlichen Ausdehnung abgeschätzt werden. Bei der Erforschung historischer
Überschwemmungsereignisse kann in Anlehnung an die Überlegungen von Pfister,
Rohr und anderen eine vierteilige Abstufung vorgenommen werden : leichte Über-
schwemmungen, die schnell und mit geringen Mitteln zu behebende Schäden ver-
ursachten (1), leichte bis mittlere Überschwemmungen, die flussnahe Landwirtschaft
und Infrastruktur stärker und länger betrafen und höhere Reparaturkosten erforderten
(2), mittelschwere Überschwemmungen, bei denen »lebenswichtige Infrastrukturanla-
gen« in größerem Ausmaß zerstört wurden, was signifikante lokale Hilfe (etwa durch
die Stadt) notwendig machte (3), sowie schwere Überschwemmungen, die in einem
»Zusammenbruch der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen«
resultierten und die ohne überregionale Hilfe nicht bewältigt werden konnten (4).2
Nicht alle Extremniederschläge führten zu Überschwemmungen, denn die fluvi-
ale Dynamik der Donau war komplexer. Häufig wurden Überschwemmungen in den
Sommermonaten durch Überregnung (meist Juni bis August) verursacht, zudem tra-
ten regelmäßig Überschwemmungen durch Schmelzwasser nach Warmlufteinbrüchen
im Frühjahr auf (meist Jänner bis März), auch im Gefolge von Eisstößen, d. h. wenn
die zugefrorene Donau auftaute und sich die Eisschollen flussabwärts schoben, die
dann in rasch auftretenden, kleinräumigen Überflutungen resultieren konnten (meist
Ende Dezember bis März). Hohe Wasserstände der Donau im Linzer Raum hingen
vor allem mit dem Inn und anderen Flüssen im bayerischen Alpenvorland (Lech und
Isar) zusammen, die eher zu Sommerhochwasser tendierten.3 Allgemein kam es bei
1 Rosenauer, Donau, 86 ; Neweklowsky, Donau, 177.
2 Pfister, Wetternachhersage, 219 ; Rohr, Naturereignisse, 204 ; Brázdil/Kundzewicz/Benito, Hydrology,
748f.
3 Pfister, Wetternachhersage, 215f.; Rohr, Naturereignisse, 201 – 203 u. 208 – 213 ; Brázdil/Kundzewicz/
Benito, Hydrology, 753f.; Böhm/Wetzel, Flood, 792 ; vgl. zur Donau : Neweklowsky, Donau, 179f. u.
Jungwirth et al., Donau, 142 – 146.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364