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304 | Naturgefahr
und Warnungen« vor Ort seien von den Ingenieuren »kühl lächelnd« abgetan worden,
»pochend auf Erfahrungen, die irgend wo an einem Wasser ganz anderen Charakters
als unsere Traun ist, gesammelt wurden«.103 Derartige Einschätzungen, »entbehren
[…] jeder Berechtigung«,104 stellte man pauschal in den staatlichen »Beiträgen zur
Hydrographie Österreich« fest, man argumentierte interessanterweise historisch und
zeichnete ein Bild rekurrenter Überschwemmungen, die erst durch die Donauregulie-
rungen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verschwunden waren.105 »Hochwasserka-
tastrophen«, also »Elementarereignisse, hervorgerufen durch Naturgewalten«, könne
man aber »heute noch« nicht »siegreich […] bekämpfen«.106 Dennoch – möglicher-
weise nahm dies auch Bezug auf kritische Einwürfe – ordnete die Landesregierung
eine Überprüfung der Baumaßnahmen an107 und bestimmte das Hochwasser des Jah-
res 1899 zur »Richtschnur« der Wasserbauten an der Donau – es war aber kleiner als
das Hochwasser des Sommers 1954.108
Feuer als kollektives Risiko
Feuer war
– durch die Beleuchtung, durch Heizen und Kochen, durch Prozesswärme für
Handwerker (Bäcker, Brauer, Hafner, Metallhandwerker) – omnipräsent in der Stadt
und bildete dadurch ein latentes Risiko. Verstärkt wurde dies durch dichte Bebauung,
die Verwendung von Holz als Baumaterial, das Fehlen einer institutionalisierten
Brandbekämpfung und ausreichender resp. effektiver Löschmittel vor Ort. Diese Kon-
stellation führte zu häufigen, kleinen, räumlich begrenzten Bränden und periodisch zu
Großbränden, die über mehrere Tage andauern konnten, erhebliche Teile einer Stadt
betrafen und somit ein kollektives Risiko darstellten.109 Die Forschung hat für den
Verlauf der Frühen Neuzeit einen deutlichen Rückgang großer Brände (fire gap) kon-
statiert, der sich im deutschen Raum bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts voll-
zogen hatte, große Brände traten aber auch noch danach auf.110 Bei größeren Bränden
gab es – wie bei anderen Naturgefahren (Überschwemmungen, Seuchen) – teilweise
eine religiöse Deutung, die Feuer als göttliche Bestrafung begriff und teilweise bis
103 LTP, 22.9.1899 ; vgl. dazu die Rechtfertigung der Techniker : Allgemeine Bauzeitung 65 (1900), 46 – 52.
104 Hochwasserkatastrophe, 156.
105 Ebd., 156 – 160.
106 Ebd., 160.
107 LTP, 20.9.1899.
108 Neweklowsky, Donau, 178 u. 192 ; vgl. Streitt/Schiller/Stadler, Eisenbahnbrücke, 109 u. Rosenauer,
Donau, 83 – 87.
109 Garrioch, Fire ; Bankoff/Lübken/Sand, Cities, 9 – 13 ; Reith, Umweltgeschichte, 90f.; Mauelshagen,
Klimageschichte, 126 – 129 ; EdN, s.v. Stadtbrand, Feuer u. Feuerwehr.
110 Garrioch, Fire, 204f.; Zwierlein, Prometheus, 82 – 93 ; Mauelshagen, Klimageschichte, 124 – 126.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Title
- Transformationen städtischer Umwelt
- Subtitle
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Author
- Georg Stöger
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 368
- Keywords
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364