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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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263Ferne und nahe Cholera | ßigsten Aerzte und Wundärzte«.69 Der einjährige Sohn des damaligen ständischen Syndikus erhielt bereits 1798 eine Pockenimpfung. Geschehen sei dies, so dessen Bruder Joseph v. Spaun, auf Veranlassung des Vaters, der sich durch den »Schrei der Entrüstung […] von allen uns bekannten alten Frauen«, die in der Impfung »eine offene Auflehnung gegen Gott« sahen, offenbar nicht beeindrucken ließ.70 Bis in den Vormärz gab es staatlich dotierte »Impfpreise«,71 im Frühjahr 1829 wurde  – aufgrund zahlreicher Krankheitsfälle  – in Linz sogar eine »Gemeinde-Impfung« gegen Pocken angeordnet und die Namen von Impfverweigerern im »Intelligenzblatt« veröffent- licht.72 Parallel zur Expansion der städtischen medizinischen Infrastruktur war auch die Erwartungshaltung der Stadtbevölkerung angestiegen : In den 1820er und 1830er Jahren finanzierte die Stadt Linz 2 Ärzte, 1 Chirurgen und 3 Hebammen,73 insgesamt gab es damals in Linz 14 Ärzte, 8 – 10 Chirurgen74 und ca. 80 Betten in den beiden Krankenhäusern75  – dies sei »noch immer zu wenig«, konstatierte der Topograph Be- nedikt Pillwein 1837.76 Ferne und nahe Cholera Die Cholera, eine bakterielle Infektionskrankheit, erreichte im Herbst 1830 Moskau und im Verlauf des Jahres 1831 weite Teile Zentral- und Westeuropas. Erreger und Übertragungswege der Cholera blieben bis ins ausgehende 19.  Jahrhundert unklar : Analog zur Pest vermutete man zunächst eine »kontagiöse« Übertragung, also eine Ansteckung von Mensch zu Mensch, zunehmend gewannen miasmatische Überlegun- gen, die von einer krankmachenden Verunreinigung von Luft und Boden ausgingen, an Bedeutung. Erst in den 1880er Jahren wurde als Krankheitserreger das Bakterium Vibrio cholerae, das gut im Wasser überlebt, identifiziert.77 In den 1830er Jahren exis- tierte  – vor allem basierend auf den Erfahrungen mit der Pest und den rezenteren Ty- phusepidemien  – bereits ein Bündel an präventiven und reaktiven Maßnahmen, die auf die lokale Aufsicht durch die »vom Staate aufgestellten Fisiker« und die Vermeidung von »Sanitätgebrechen«, also besonders von Schmutz und schädlicher »Ausdünstung«, 69 LR E7e-g, Reg. 570 (138) ; Pillwein, Wegweiser, 147 ; Fink, Geschichte, 64f.; vgl. zu Niederösterreich : Pammer, Blattern, 176 – 183. 70 Doku, Spaun, 113f. 71 LZ, 21.1.1828 ; LZ, 23.8.1830. 72 LZ/IB, 2.3.1829 ; ebd., 23.3.1829. 73 LR E7h-j, Reg. 6438 (759) ; AStL, HS 151 (Oberkammeramt Empfang 1830), pag. 174f. 74 Tafeln zur Statistik 7 (1834), unpag.; Schematismus 1835, 414f. 75 Pillwein, Beschreibung, 262 ; Losch, Tod, 14. 76 Pillwein, Wegweiser, 99. 77 EdN, s.v. Cholera ; Kiple, Disease, 642 – 649 ; Evans, Tod, 294 – 296 ; Schott, Urbanisierung, 223f. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Title
Transformationen städtischer Umwelt
Subtitle
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Author
Georg Stöger
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
368
Keywords
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Category
Geographie, Land und Leute

Table of contents

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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