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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) In seiner Dankesrede zur Verleihung des Franz-Kafka-Preises im Jahr 1995 hat Christoph Ransmayr die Einmischung eines Autors in die Diskussion ĂŒber sein Werk als vergebliche MĂŒhe beschrieben: „Jeder Versuch, seine ErzĂ€hlung zu begleiten, ihr nachzugehen, um sie vor dem Schlimmsten zu bewahren, wĂ€re so erschöpfend wie hoffnungslos“, so Ransmayr, denn was der Autor geschrie- ben habe, könne „nirgendwo klarer und stĂ€rker sein als im Inneren seiner Geschichte.“ 32 Jeder nachtrĂ€gliche Kommentar, jede Richtigstellung vonseiten des Autors mache die Sache nicht besser; die veröffentlichten BĂŒcher seien, selbst wenn ihnen das ‚Schlimmste‘ drohe, ihrem Schicksal zu ĂŒberlassen. Dieses Pen- sum einer stoischen Haltung gegenĂŒber kritischen Kommentaren haben Thomas Bernhard und Peter Handke wiederholt nicht erfĂŒllt, vielmehr die Auseinander- setzung mit Kritikern und Kritiken zur pointierten Positionierung und zur Ver- teidigung ihrer Texte genutzt. Jene gelassen-souverĂ€ne Haltung, die Bernhard sich 1977 im ‚NachtgesprĂ€ch‘ mit Peter Hamm in Erinnerung an die Kritiken seiner ersten GedichtbĂ€nde attestiert hat  – „mein Gott, war’n halt Kritiken, und die guten waren halt wun- derbar und die schlechten waren halt schlecht, nicht?“ (TBW 22.2, 109)  –, kann jedenfalls nicht als Regel gelten, meldete sich der Autor doch im Laufe der Jahre mehrmals als „Anwalt seiner BĂŒcher“ 33 zu Wort: Bereits in seinem ersten erhal- tenen Leserbrief  – einer Textsorte, mit der er ab Mitte der 1970er Jahre zuse- hends virtuos die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich lenken sollte  – ignorierte Thomas Bernhard jenes ungeschriebene Gesetz literarischer Kommunikation, demzufolge es sich bei der „öffentliche[n] Antwort auf Kritiken“ um eine „im Prinzip verbotene Übung“ handle 34  – begeht doch ein „Schriftsteller, der seinen Kritiker kritisiert,  [
] leicht einen Fauxpas.“ 35 Unter dem Titel Theater am Ton- hof hatte der Chefredakteur der Wiener Wochenpresse und spĂ€tere Hörfunk- und 32 Christoph Ransmayr: Die Erfindung der Welt. Fragen, Antworten. In: C. R.: Die Verbeugung des Riesen. Vom ErzĂ€hlen. Frankfurt a. M.: S. Fischer 2003, S.  15 – 22, hier S.  21 f. 33 Clemens Götze: „Ein Autor ist etwas ganz und gar erbĂ€rmliches und lĂ€cherliches“. Autorschaft als Inszenierung bei Thomas Bernhard. In: Theorien und Praktiken der Autorschaft. Hg. v. Matthias Schaffrick u. Marcus Willand. Berlin, Boston: de Gruyter 2014, S.  419 – 437, hier S.  432; ebenso in ders.: „Mit allen Anzeichen der Empörung“. Thomas Bernhard als Leserbriefschrei- ber. In: Text + Kritik (42016), H.  43, S.  52 – 65, hier S.  62. 34 GĂ©rard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches. Mit einem Vorwort v. Harald Weinrich. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2001, S.  337. Zur „öffentliche[n] Widerrede, die den Kri- tiker zur Rede stellt“, vgl. auch Franz Schuh: All you need is love. Notizen und Exzerpte zur (Literatur-)Kritik. In: F. S.: SchreibkrĂ€fte. Über Literatur, GlĂŒck und UnglĂŒck. Köln: DuMont 2000, S.  24 – 114, hier S.  103. 35 Steiner: Literatur als Kritik der Kritik (Anm.  25), S.  132. „ich kann mich damit schwer abfinden“: Kritik der Kritik als Werkpolitik34 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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