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Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
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bloß ein Satz, ein Absatz, eine Seite, dagegen ist etwas zu Aktualisierendes  – zu Erarbeitendes“.29 Das ‚Aktuelle‘ aus Politik und Zeitgeschehen und das erst nach und nach ‚Zu-Aktualisierende‘ der Literatur stehen bei Peter Handke seit jeher in einem spannungsreichen VerhĂ€ltnis. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) Was Bernhard und Handke jedenfalls eint, ist ein schwieriges, von vielerlei Fak- toren beeinflusstes VerhĂ€ltnis zum Medium der Zeitung. Dabei spielt das Inte- resse an der journalistischen Wahrnehmung und Kommentierung des eigenen Schreibens  – die Suche nach dem eigenen Namen, nach Rezensionen eigener Werke bei der ZeitungslektĂŒre  –, eingestanden oder nicht, eine wichtige Rolle. „Wenn Sie heute eine Zeitung aufmachen, lesen Sie fast nur vom Thomas Mann irgendwas. Jetzt ist der schon dreißig Jahre tot, und immer wieder, ununter- brochen, das ist ja nicht zum Aushalten“, klagt Thomas Bernhard im zitierten GesprĂ€ch mit Werner Wögerbauer (TBW 22.2, 289). Der Blick in die Zeitung, ins Feuilleton, kontrolliert und taxiert die Verteilung der Aufmerksamkeit im literarischen Feld, nimmt wohlwollend zur Kenntnis oder beanstandet die PrĂ€- senz anderer, vermeintlich weit weniger diskussionswĂŒrdiger Akteure: Bernhard habe „nur Zeitung g’lesen, damit er schaut, ob er drinnen steht“, so Franz Josef Altenburg, ein WeggefĂ€hrte des Autors in einem ‚ZeitzeugengesprĂ€ch‘ mit Krista Fleischmann.30 Wenn statt Thomas Bernhard Thomas Mann ErwĂ€hnung fand, war das dem Autor ein fortwĂ€hrendes Ärgernis. Das Problem ist dabei, wie es scheint, stets ein doppeltes: zunĂ€chst der Wunsch nach angemessener WertschĂ€tzung und positiver BestĂ€tigung durch das Feuille- ton angesehener, ĂŒberregional bedeutender Zeitungen und Zeitschriften, zugleich aber auch das BedĂŒrfnis, nicht zu einem „Gefangene[n] der Redakteure“ 31 zu 29 Handke: Gestern unterwegs (Anm.  16), S.  201. 30 Krista Fleischmann: Franz Josef und Christa Altenburg. In: K. F.: Thomas Bernhard  – Eine Erin- nerung. Interviews zur Person. Wien: Edition S 1992, S.  111 – 122, hier S.  119; dazu auch Joachim Hoell: Thomas Bernhard. MĂŒnchen: dtv 2000, S.  120. In seiner Ökonomie der Aufmerksamkeit hat Georg Franck ein „ZĂ€hlwerk“ beschrieben, das fortwĂ€hrend „registriert, wieviel [Aufmerk- samkeit] die anderen verdienen“: „Im Reden ĂŒber Dritte ist, offen oder versteckt, immer auch die Rede davon, ob zuviel oder zu wenig Aufhebens um sie gemacht wird, ob sie die Beachtung verdienen, die sie finden, oder ob ihnen schon zuviel der Ehre zuteil wird, wenn man ĂŒber sie spricht.  [
] Wir vergleichen, wenn wir uns ĂŒber Dritte unterhalten, ganz unwillkĂŒrlich deren Einkommen mit unserem eigenen.“ (Georg Franck: Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Ent- wurf. MĂŒnchen, Wien: Hanser 1998, S.  115) 31 Peter Handke: Nachmittag eines Schriftstellers. ErzĂ€hlung. Salzburg, Wien: Residenz 1987, S.  36. Unfreundliche Betrachtungen: EinwĂ€nde gegen die Literaturkritik70 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
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Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
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