Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Seite - 369 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 369 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik

Bild der Seite - 369 -

Bild der Seite - 369 - in Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik

Text der Seite - 369 -

The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone Es ist fraglich, ob Bernhard mit seiner Rezension des Kreisky-Bandes tatsĂ€chlich beabsichtigte, sich „als Kritiker  [
] zu profilieren“, wie Clemens Götze vermutet.83 Vielmehr ĂŒbertrug Bernhard hier  – von einer in Österreich breitenwirksamen Zeitschrift dazu aufgefordert  – den bereits in anderen Genres erprobten Gestus polemischen Schreibens in die Gattung der Buchrezension, ohne sich besonders um deren spezifische darstellerische Verfahren zu kĂŒmmern. Der Auftrag der profil-Redaktion bot demnach lediglich den Anlass des Schreibens, ohne dass Bernhard seine etablierte „Rhetorik der Bezichtigung“ 84 wesentlich an die Kon- ventionen der Gattung angepasst hĂ€tte, zumal er ja selbst in Zweifel zog, „der richtige Besprecher“ zu sein (TBW 22.1, 621). Die Rezensionsanfrage fungierte im Grunde als Trigger fĂŒr die Abfassung einer polemischen Intervention, zu deren öffentlichkeitswirksamer Lancierung Bernhard bislang vor allem Leser- briefe bzw. offene Briefe genutzt hatte. Der Vergleich mit einem im Februar 1981, also in unmittelbarer zeitlicher NĂ€he zur Kreisky-Polemik, im Wiener Journal publizierten Leserbrief ĂŒber Franz Stelzhamer legt die Vermutung nahe, dass Bernhards Rezension der hagiographischen Kreisky-Festgabe weniger darauf abzielte, ihren Verfasser nach langer Abstinenz wieder als Literaturkritiker zu positionieren.85 Es folgten auch keine weiteren Versuche Bernhards in dieser Richtung. Das Genre der Besprechung bot sich vielmehr bei dieser konkreten Gelegenheit als öffentlichkeitswirksames, die Aufmerksamkeit eines grĂ¶ĂŸeren Publikums garantierendes Medium fĂŒr seine Attacke gegen Kreisky an. Am 23.  MĂ€rz 1981 meldete sich Bernhard, dessen Rezension vielfĂ€ltige Leser- reaktionen  – etwa vom jungen Michael HĂ€upl  – hervorgerufen hatte,86 erneut in profil zu Wort. Er behauptete nun in einer Zuschrift an die Redaktion, dass „Mit- glieder der Sozialistischen Partei Österreichs, die hier in meiner Umgebung leben und die mir namentlich bekannt sind“, „das von mir besprochene Buch“ ĂŒber den im Literaturbetrieb fĂŒhrte, „die eine Vielzahl bis heute wirksamer Einrichtungen schuf“, etwa die IG Autoren, die Grazer Autorenversammlung oder den Ingeborg-Bachmann-Preis. 83 Götze: „Mit allen Anzeichen der Empörung“ (Anm.  55), S.  55. Es bleibt ĂŒberdies unklar, warum Götze die Rezension selbst als ‚Leserbrief‘ einordnet (vgl. ebd., S.  54 f.). 84 Mittermayer: LĂ€cherlich, charakterlos, furchterregend (Anm.  27), S.  25. 85 Bernhard echauffierte sich in der Zuschrift an das Wiener Journal ĂŒber die falsche Schreibung des „von mir hochverehrten“ Autors Franz Stelzhamer (mit zwei statt mit einem „m“). Aus diesem Lapsus deduziert Bernhard in der Folge die „Dummheit und Scheinheiligkeit“ der gesamten Zeitschrift (TBW 22.1, 670). Laut Bayer: Das Gedruckte und das TatsĂ€chliche (Anm.  28), hier S.  3, „entzĂŒnden“ sich Bernhards Leserbriefe oft „an GeringfĂŒgigkeiten“, um sich zu „apodik- tischen Pauschalverdammungen hochzuschrauben“. 86 Vgl. Mittermayer: Thomas Bernhard [2015] (Anm.  4), S.  333 f., sowie den Kommentar in TBW 22.2, 828 f. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369 © 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1, 1080 Wien https://doi.org/10.7788/9783205212317 | CC BY-NC-ND 4.0
zurĂŒck zum  Buch Strategen im Literaturkampf - Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik"
Strategen im Literaturkampf Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Titel
Strategen im Literaturkampf
Untertitel
Thomas Bernhard, Peter Handke und die Kritik
Autor
Harald Gschwandtner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-21231-7
Abmessungen
15.7 x 23.9 cm
Seiten
482
Schlagwörter
Kulturjournalisten, Literaturkritik, Marcel Reich-Ranicki, Peter Handke, Thomas Bernhard
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. VORWORT 9
  2. I „SCHREIBEN IST EIN FÜNFKAMPF“: EINE ART EINLEITUNG 13
  3. II „ICH KANN MICH DAMIT SCHWER ABFINDEN“:KRITIK DER KRITIK ALS WERKPOLITIK 27
    1. Legitimationen und Strategien 27
    2. EinsprĂŒche gegen die Kritik: eine verbotene Übung (Verstörung) 34
    3. „Über diesen Roman wĂ€ren nicht so viele böse Worte zu verlieren 
“: Handkes Hornissen nach Princeton 39
    4. Fronten, VerbĂŒndete, Kampfbegriffe 49
    5. Ein Buch „rehabilitieren“? (Die Hornissen, Der Hausierer) 55
  4. III UNFREUNDLICHE BETRACHTUNGEN: EINWÄNDE GEGEN DIE LITERATURKRITIK 63
    1. Sehlustfeindliche SchwÀtzer 63
    2. Vom Zeitungswahnsinn bedroht (Wittgensteins Neffe, Nachmittag eines Schriftstellers) 70
    3. „vollkommen humorlos und blöd“: Bernhard und die Literaturkritik 82
    4. „vom peinlichsten Lob bis zum bösartigsten Verriß“: Bernhard liest Rezensionen (Frost) 87
    5. „unbeholfener lyrischer Unsinn“: Bernhard redigiert eine Kritik – mit einem Exkurs zu Elias Canetti 95
    6. „ekelhaft ekelhaft ekelhaft“: Kritiken auf der BĂŒhne (Der Ignorant und der Wahnsinnige, Minetti, Über allen Gipfeln ist Ruh) 103
    7. Von der DĂŒrre der Theaterkritik oder: Landwirte und Rezensenten 112
    8. Nur selten ein Sommerhemd: Handke liest Rezensionen 117
    9. Literaturkritik als ‚leeres GeschĂ€ft‘: Handkes Vorarbeiten im Radio 120
    10. „Ihr wart Vollblutschauspieler“:Handke und die Phrasen der Kritik (Publikumsbeschimpfung) 126
    11. „Solche Wörter sollte man euch verbieten“ oder:Erstsprache vs. Zweitsprache 129
    12. Einwenden und Hochhalten: Handkes Rede gegen die Literaturkritik 133
  5. IV „MEIN FEIND IN DEUTSCHLAND“: PETER HANDKE VS. MARCEL REICH-RANICKI 141
    1. Princeton 1966 und die Folgen 141
    2. Poetik und Polemik oder: Das Problem der ‚NatĂŒrlichkeit‘ 150
    3. Die „Àsthetischen Gewissensbisse“ des Peter Handke (Wunschloses UnglĂŒck) 156
    4. Schleichende Eskalation: die 1970er Jahre (Die linkshÀndige Frau, Das Gewicht der Welt) 159
    5. „schiefe Bilder und preziöse Vergleiche“ (Langsame Heimkehr) 170
    6. Die Bestie von Puyloubier (Die Lehre der Sainte-Victoire) 175
    7. Mit Cézanne gegen die Hunde (Die Lehre der Sainte-Victoire) 183
    8. Im Bunde? Reich-Ranicki, Bernhard und Unseld 189
    9. SchnĂŒffeln und Verreißen (Mein Jahr in der Niemandsbucht) 204
    10. Unversöhnt: letzte Gefechte (In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus) 212
  6. V „ES SIND AUCH ANDERE SÄTZE MÖGLICH“: PETER HANDKES GEGENMODELLE ZUR ZEITGENÖSSISCHEN LITERATURKRITIK 221
    1. „Aber ich bin kein Kritiker“ 221
    2. Ein Leseerlebnis beschreiben: Handke rezensiert Hermann Lenz 228
    3. Abenteuergeschichte der LektĂŒre: Handke liest Bernhards Verstörung 239
    4. „Kritik, die zugleich eine Form der Begeisterung ist“: Helmut FĂ€rber 246
    5. „Haben Sie das gehört?“: Wolfgang Bauer, The Beatles, Gert Jonke 251
    6. „wirklich unorthodox“: Handke ĂŒber/mit Ödön von HorvĂĄth 259
    7. Keine Axt fĂŒr das gefrorene Meer in uns: Franz Kafka, Karin Struck 262
    8. Der Autor als Kritiker: ein Rollenkonflikt? 266
  7. VI „ZEITUNGSG’SCHICHT’LN“: THOMAS BERNHARD ALS LITERATURKRITIKER 273
    1. Vor eines Dichters Grab: Johannes Freumbichler 273
    2. „Ich glaube, da liegen die Wurzeln“: Bernhard als Gerichtsreporter 284
    3. „Kanzlist, KoffertrĂ€ger und Kunstkritiker“ 289
    4. „zuchtvoll und klar“: Bernhard als Literaturkritiker im Salzburger Demokratischen Volksblatt 293
    5. Verschweigen und Verzeihen: Bernhard und der „NS-Parnaß“ 305
    6. „Traumfabrik“ und „Ro-Ro-Ro-Kost“: Kino und Taschenbuch 314
    7. Alte Zöpfe, neue Pferde 322
    8. „Was in den guten Jungen nur gefahren sein mag?“: erste Polemiken 329
    9. „Ich kann kein Buch besprechen“: Absagen und Stellvertretungen (Alte Meister, Auslöschung) 333
  8. VII REZENSIONEN, DIE KEINE SIND: KRITIK UND SELBSTKRITIK BEI THOMAS BERNHARD 343
    1. Vorgeschichten einer Polemik: Bernhard vs. Bruno Kreisky 343
    2. Politische Polemik als Literaturkritik (Gerhard Roth, Peter Turrini) 357
    3. „ein wirklicher Dichter“: Kreisky verteidigt Handke 362
    4. The Return of the Critic oder: Ausweitung der Kampfzone 369
    5. Bernhard als Kritiker seiner selbst (Korrektur) 372
    6. Zwischen „Geisteskunst“ und „Selbstkorrektur“: Szenen prekĂ€rer Autorschaft (Korrektur, Am Ortler) 379
    7. Vom „Streben nach eigener Billigung“ (Der Untergeher, Der Theatermacher) 386
  9. VIII KRAFT DURCH FEINDE: EINE ART EPILOG 397
  10. IX DANKSAGUNG 413
  11. X BIBLIOGRAPHIE 415
    1. PrimÀrliteratur und Quellen 415
    2. Literatur- und Kulturtheorie 433
    3. Forschungsliteratur 435
    4. Rezensionen, Presseberichte, Journalistisches 463
    5. Fernsehsendungen, Audiovisuelle Medien, Webpages 469
  12. XI PERSONENREGISTER 471
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Strategen im Literaturkampf