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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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63Imperium und Nation weder die Hegemonie eines Volkes noch eine demokratische Nationalstaat- lichkeit ermöglicht hätte, genossen alle Staatsbürger  – unbeachtet ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit bzw. ihrer Umgangssprache  – die gleichen Rechte.25 Die österreichische Reichshälfte der Donaumonarchie nahm also in ihrem Versuch, ein Imperium jenseits des nationalstaatlichen oder national-impe- rialen Gedankens aufrechtzuerhalten, Ansätze eines postnationalstaatlichen Zeitalters des Politischen vorweg.26 Der gesellschaftlichen Plurikulturalität und der imperial-supranationalen Struktur entsprach ein formalistisch- legalistisches Rechtsverständnis,27 das statt metajuristisch-fiktionaler und emotional aufgeladener Kategorien wie »Volk« oder »Staat« die dynamische Prozesshaftigkeit und die positivistische Formalität des Rechtssystems in den Vordergrund rückte.28 Österreich war nach 1867 insofern weder ein »typisches« Imperium noch ein Nationalstaat  – sondern eine dynastisch legitimierte, gesellschaftlich akzeptierte Rechtsordnung, die allen Staatsbür- gern die gleichen Rechte, unbeachtet ihrer ethnischen, sprachlichen, religi- ösen »Identitäten«, gewährte. Das Fehlen eines einheitlichen »Volkes«  – und sogar das Fehlen von einer solchen Staatsidee29  – begünstigte ein Modell, in dem das Recht (das Gesetz) und die Administration (als Funktion) im Mittelpunkt der staatlichen Tätigkeit stehen konnte.30 Dies erklärt die stark 25 Zu den Sprachen- und Nationalitätenrechten in der österreichischen Reichshälfte nach 1867 siehe Gerald Stourzh, Die Gleichberechtigung der Nationalitäten in der Verfassung und Verwaltung Österreichs 1848–1918, Wien 1985, S.  83–248. Die sprachliche Toleranz der österreichischen Reichshälfte erklärt Peter Haslinger weniger mit einer postnationalen Einstellung, sondern vielmehr mit den machtpo- litischen Interessen der Habsburger; vgl. Peter Haslinger, Sprachenpolitik, Spra- chendynamik und imperiale Herrschaft in der Habsburgermonarchie 1740–1914, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 57 (2008), S.  81–111, hier S.  110. 26 Darüber, was  – jenseits der Struktur  – im kulturellen Sinne »Österreichisch« an Österreich sein konnte, siehe  u. a. Steven Beller, What is Austrian about Austrian Culture?, in: Gertraud Diem-Wille  u. a. (Hg.), Weltanschauungen des Wiener Fin de Siècle 1900 / 2000. Festgabe für Kurt Rudolf Fischer zum achtzigsten Geburtstag, Frankfurt a. M.  u. a. 2002, S.  25–41; bzw. die Pionierwerke über den österreichischen Geist: Robert A. Kann, A Study in Austrian Intellectual History. From Late Baroque to Romanticism, New York 1960; William M. Johnston, The Austrian Mind. An  Intellectual and Social History 1848–1938, Berkely 1972. 27 Johann Dvořak, Politik und Kultur der Moderne in der späten Habsburgermonar- chie, Innsbruck / Wien 1997, S.  196f. 28 Urbanitsch, Pluralist Myth and National Realities, S.  140. 29 In den meisten europäischen Imperien der damaligen Zeit  – vom Deutschen Reich über die ungarische Reichshälfte bis hin zum Russländischen Reich  – war ebenso keine ethnische Homogenität vorhanden, aber eine solche Homogenität wurde den- noch staatspolitisch imaginiert und (besonders in Ungarn) mit staatlichen Mitteln angestrebt. 30 Die antiliberalen Strömungen der österreichischen Zwischenkriegszeit lehnten eben deswegen das »habsburgische Erbe« eines nichtetatistischen, nichtvölkischen Staats- wesens ab; siehe Eric Voegelin, Der autoritäre Staat. Versuch über das österreichische
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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