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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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82 Imperium, Nation und Katholizismus teile  – ebenso befürchtete. Auf der makropolitischen Ebene vertrat Budapest diese Befürchtungen. Ungarn wollte nicht nur den kirchlichen Obrigkeiten die Entscheidungsmacht über die lokale Liturgiesprache zusichern, sondern die ungarische Regierung wollte eine Kommission, welcher auch staatliche und städtische Akteure angehört hätten, damit beauftragen, die Liturgie- sprache vor Ort zu bestimmen.129 Die ungarische Regierung übte großen Druck auf das gemeinsame Außenministerium in Wien aus, beim Hl.  Stuhl gegen jegliche südslawenfreundliche Linie zu intervenieren. Budapest baute seine Reichshälfte nicht aufgrund supranationaler, katholischer Ideen aus. Insofern sah die ungarische Regierung in einem Südslawentum, das in sei- ner katholischen Religion und südslawischer Identität erstarken würde, eine Gefahr für die Idee eines magyarisch dominierten Ungarn.130 Budapest betrachtete die katholische Kirche  – wie im Kapitel  4.2.4 noch näher erörtert wird  – als Raum für die ungarische, magyarisierende Nations- und Natio- nalitätenpolitik, die eine parallele, südslawische Nationalisierung des loka- len Kirchenlebens nicht erdulden konnte und wollte. In der Kirchenpolitik bekämpfte Budapest daher jegliche Zugeständnisse zugunsten nichtmagya- rischer Nationalitäten  – und dabei fand die ungarische Regierung gerade in der italienischsprachigen Elite der Küstenstädte einen Verbündeten. Budapest stellte die kirchliche Intention infrage, mit der altslawischen Liturgiesprache eine katholische Einheit unter den südslawischen Völkern herbeiführen zu können. In diesem letzten Aspekt hatte die ungarische Kri- tik angesichts der innerkatholischen Konflikte recht, die von der altslawi- schen Liturgiesprache verursacht wurden. Der nationalistisch eingestellte ungarische Kultusminister, Albert von Apponyi, stellte 1907, also schon nach dem Tod von Leo  XIII, fest, dass die Genehmigung der glagolitischen [altslawischen] Liturgie die Anziehungskraft auf die Menschen griechisch-orientalischer Konfession, welche in Rom früher erhofft worden war, keineswegs ausübte; [die altslawische Liturgiesprache] ist vielmehr fähig, die Entfernung des katholischen Elementes [im Küstenland] von der Einheit der römi- schen Kirche vorzubereiten.131 129 Bericht des österreichischen Kultusministeriums an die Statthalterei über die Meinung des ungarischen Kultusministeriums (22.  Dezember 1905), in: AST, Luogotenenza, AP, b.  293, fasc.  4.1.5., 4136/1905. 130 Über die ablehnende Haltung der ungarischen Politik gegenüber der altslawischen Liturgiesprache siehe  u. a. Ivanišević, Die Bemühungen Josip Juraj Strossmayers um die slawische Liturgie, S.  431ff. 131 Brief von Apponyi an den gemeinsamen Außenminister in Wien (18.  Januar 1907), in: Österreichisches Staatsarchiv (weiter: ÖStA), Haus-, Hof- und Staats- archiv (weiter: HHStA), Akten zur slawischen Liturgie, PA XI 261, Liasse Rom V/7 (weiter: Slawische Liturgie V/7), fol.  74f. [übersetzt aus dem Ungarischen von mir].
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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