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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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92 Österreichisches Küstenland verwoben, weshalb kategorisierende Trennungen die istrianische Realität nur ungenügend wiedergeben können. In der österreichischen Volkskunde wurde der Begriff »Hybridismus« für die Beschreibung dieser komplexen  – und somit den nationalistischen Vorstellungen widersprechenden  – Reali- tät geprägt. Der Begriff nahm vieles vorweg, was in den Postcolonial Studies gegenwärtig unter »Hybridität« behandelt wird.22 Italiener, Kroaten, Slowenen und Istro-Rumänen bewohnten die Halbin- sel, nebst mehreren kleineren Mischgruppen. In einigen Städten (vor allem in der militärischen Marinebasis Pola / Pula sowie der alten Burgstadt des »habsburgischen Istriens«, Pisino / Pazin / Mitterburg) war auch die deutsche Kultur und Sprache historisch stark verwurzelt. Die Halbinsel war sprach- lich ebenso vielfältig: Sowohl die italienische als auch die slowenische und kroatische Sprache hatten verschiedene Dialekte, die von den jeweiligen Standardsprachen stark abwichen. Die italienischsprachige Bevölkerung der westistrianischen Küstenstädte benutzte meistens eine lokale Version des venezianischen Dialektes (dialetto istro-veneto), während die kroa- tischsprachige Bevölkerung der ländlichen Gebiete hauptsächlich den sog. čakawischen Dialekt und seine Dutzenden lokalen Versionen sprach. Istrien war ein Paradies für ethnologische, sprachwissenschaftliche, anthropolo- gische Forschungen  – und dementsprechend rühmte das Prestigewerk der Donaumonarchie, das vom Kronprinzen Rudolph initiierte »Österreich- Ungarn in Wort und Bild« (1891), das adriatische Kronland ob seiner Vielfalt: Istrien gehört, so klein es ist, in ethnographischer Beziehung zu den interessantesten Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie. Bruchtheile von zwei Slawen- und zwei Romanenstämmen bevölkern das Ländchen, wie sie die mächtige Gewalt des Völkerstromes, der in früheren  Jahrhunderten an der Halbinsel vorbeiflutete und sich zum Theil in dieselbe ergoß, neben einander ablagerte oder durcheinander schob.23 Diese Vielfalt wurde aber in den österreichischen Volkszählungen nicht erfasst:24 Es durfte nur eine einzige Sprache als Umgangssprache angege- ben werden. Damit wurden die Menschen praktisch von staatlicher Seite zu einer Identitätswahl gezwungen,25 obgleich der österreichische K. K. Verwal- 22 Johler, »Hibridismus«, S.  2ff. 23 Anton Klodić, Slawische Sprache und Literatur, in: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild. Das Küstenland (Görz, Gradiska, Triest und Istrien), Wien 1891, S.  231. (Das Buch ist auch als »Kronprinzenwerk« bekannt). 24 Pieter Judson, Do Multiple Languages Mean a Multicultural Society? Nationalist »Frontiers« in Rural Austria, 1880–1918, in: Feichtinger / Cohen (Hg.), Understand- ing Multiculturalism, S.  61–82, hier S.  68. 25 Evans, Language and State Building, S.  20.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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