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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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129Kirchenstreit im ländlichen Hinterland Der Konflikt in Ricmanje brach aber nicht wegen der Nähe zu Triest oder der dortigen politischen Debatten aus. Streitigkeiten bestanden seit Langem zwischen der slowenischsprachigen Pfarrei Dolina und den ihr unterstellten Filialen wie Ricmanje. Die Zugehörigkeit zur Pfarrei Dolina war aus finan- ziellen Gründen nachteilig für die Dorfbewohner, weil sie Geld und andere materielle Beiträge (etwa Wein) an den dortigen Pfarrer zu zahlen hatten.179 Wie der damalige, kroatischsprachige Triestiner Bischof, Andrej Marija Šterk, 1900 bemerkte, »[s]eit längerer Zeit macht sich eine Gärung« in den Kaplaneien infolge der an den Pfarrer von Dolina zu entrichtenden Leistun- gen »fühlbar«. Bischof Šterk meinte, dass die kirchenrechtliche Verselbst- ständigung dieser Dörfer  – indem etwa eigene Pfarreien für sie gegründet würden  – eine mögliche Lösung sei.180 Auch aus Prestigegründen empfand die Dorfgemeinschaft in Ricmanje die Zugehörigkeit zu Dolina als ernied- rigend. Ricmanje hatte eine große Kirche, die seit dem 18.  Jahrhundert als Pilgerfahrtort weit über das Tal hinaus bekannt war, über dem das Dorf lag. Die S.  Giuseppe / Sv. Jožef Kirche befand sich an einem Pilgerfahrtweg, und sie war ein beliebtes Ziel für Pilger aus Istrien.181 Im Gegensatz dazu war die Kirche in Dolina viel unbedeutender. In diesem Kapitel stelle ich zuerst anhand bisher in der Forschung nicht oder kaum beachteter staatlicher und kirchlicher Quellen sowie Zeitungs- berichten die lange Konfliktgeschichte vor (Kapitel  3.2.2). In einem zweiten Schritt werden die Konfliktmomente analysiert, in denen sich die Dorfbe- wohner situativ identifizierten. Statt der Frage, welche »Identität« die Dorf- bewohner bewegte, stellt sich vielmehr die Frage nach den konkreten Situa- tionen, in denen sich die Dorfbewohner zu verorten hatten (Kapitel  3.2.3). Den historischen Kontext zum Fallbeispiel bildete der damalige kirchliche Versuch, Einheitlichkeit auf der lokalen Ebene  – im Sinne einer klerikalen Kirchenpolitik  – durchzusetzen und gegen die Partikularitäten und die normabweichenden Praxen härter vorzugehen. Im letzten Unterkapitel wird daher dieses kirchliche Ziel erörtert (Kapitel  3.2.4). 179 Vgl. etwa den Bericht der Triestiner Statthalterei über die Lage in Ricmanje und Log (29.  November 1899), in: AST, Luogotenenza, AG, b.  791, fasc.  4.2.5, 1899/27286. 180 Brief vom Bischof Šterk an die Statthalterei (6.  Februar 1900), in: AST, Luogote- nenza, AG, b.  791, fasc.  4.2.5, 1900/4442. 181 Petra Kavrečič, Turizem v Avstrijskem primorju. Zdravilišča, kopališca in kraške jame (1819–1914) [Tourismus im Österreichischen Küstenland. Heilbäder, Strände und Karsthöhlen], Koper 2015, S.  35.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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