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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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137Kirchenstreit im ländlichen Hinterland forderte außerdem das Bistum von Triest auf, »den Gemeinden eine entspre- chende Belehrung zu ertheilen«.209 Neben der Pfarreifrage stellte Don Požar immer mehr die Liturgiespra- che in den Vordergrund. Die Sprachenfrage war ein Thema, mit dem die katholischen Kirchengemeinden auch in anderen Ortschaften nationalpoli- tisch umkämpft, beansprucht und gespalten werden konnten. Der damalige Bischof von Triest, Andrej Marija Šterk, nahm die volkssprachlichen Messen schweigend zur Kenntnis. Er vertrat die Meinung, dass abweichende, sogar eigentlich illegale Praxen auf der lokalen Ebene zu erdulden seien, falls somit Ruhe und Frieden gewährleistet werden konnten.210 Das österreichische Kul- tusministerium rügte daher »die wenig energische Haltung« von Bischof Šterk gegenüber den normabweichenden Tendenzen in Ricmanje.211 Im  September 1901 starb Bischof Šterk. In der bischöflichen Vakanz intensivierte Don Požar seine Tätigkeit im Interesse der altslawischen oder slowenischsprachigen Messen. Als er vom Bistum aufgefordert wurde, zur lateinischen Liturgiesprache zurückzukehren, drohte er für diesen Fall mit »Unruhen und Chaos« im Dorf, wofür er keine Verantwortung übernehmen würde.212 Als promovierter (Kirchen-)Jurist wusste Don Požar sehr wohl, dass eine Kirchengemeinde  – gemäß den diesbezüglichen Entscheidungen des Hl.  Stuhls213  – das alte Privileg der altslawischen Liturgiesprache erst dann in Anspruch nehmen durfte, wenn dieser Usus auch in der Vergan- genheit  – mindestens seit 30 Jahren  – erwiesenermaßen praktiziert wurde. Daher war es für ihn wichtig, ein altslawisches Messbuch aus dem Jahre 1483, das sich eigentlich im Besitz der Kirche von Ricmanje befand, aus dem bischöflichen Archiv von Triest zurückzufordern.214 Mit diesem Messbuch glaubte er, belegen zu können, dass die altslawische Sprache in Ricmanje seit  Jahrhunderten verbreitet gewesen sei. Die Nachricht, dass Don Požar in Ricmanje altslawische Gottesdienste lese, sprach sich in der Gegend rasch herum. Don Požar betrieb in den umliegenden Dörfern Agitation für die 209 Das österreichische Kultusministerium übermittelt der Triestiner Statthalterei die päpstliche Entscheidung (18.  Februar 1901), in: AST, Luogotenenza, AP, b.  265, fasc.  4.1.5, 1901/393. 210 Blasina, Santa Sede, vescovi e questioni nazionali, S.  490. 211 Brief des österreichischen Kultusministers an den österreichisch-ungarischen Außenminister (23.  Dezember 1901), in: ÖStA, HHStA, Slawische Liturgie V/7. 212 Brief von Don Požar an das Bistum von Triest (7.  Januar 1902), in: ADT, GO, 1902/40 [übersetzt aus dem Slowenischen von mir]. 213 Nach einem Dekret aus dem Jahre 1898 wurde die altslawische Liturgiesprache nur den konkreten Kirchen erlaubt, in denen ein seit mindestens 30 Jahren kontinuier- licher Usus historisch belegt werden konnte. (Über die kirchlichen Dekrete bezüg- lich der Verwendbarkeit der altslawischen Liturgiesprache siehe Gottsmann, Rom und die nationalen Katholizismen, S.  58ff.). 214 Brief von Don Požar an das Bistum über den Erhalt des Messbuches (16.  Dezember 1901), in: ADT, GO, 1901/3806.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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