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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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159Kirchenstreit im ländlichen Hinterland Bezüglich der Liturgiesprache stellte das österreichische Kultusministe- rium fest, dass es sich um eine innerkirchliche Angelegenheit handele: In diesem Sinne wurde Ricmanje »prinzipiell als zum lateinischen Ritus gehö- rig« anerkannt, in dem die Sprache der Liturgie gemäß den Vorschriften des Hl.  Stuhls festzustellen sei.322 Das Bistum stimmte diesbezüglich schon vorher den Vorschlägen von Matija Laginja zu, nach denen »in der Pfarrkir- che von Ricmanje die lateinische als liturgische Sprache zu gelten hat«, auch wenn die slawische Sprache ebenso seinen Platz in der Liturgie haben dür- fe.323 Der Hl.  Stuhl verfolgte nicht mehr wie noch unter Leo  XIII eine süd- slawophile Linie, sondern setzte immer mehr das fast ausnahmslose Primat des lateinischen Usus durch.324 Wien erkannte aber die heikle Situation im Bistum von Triest, wo sich ein innerkatholischer Frieden  – wie es der Fall von Ricmanje bewies  – nicht mit einem strikten Verbot, sondern nur mit einem geduldigeren Vorgehen aufrechterhalten ließ. Daher bat der österreichische Kultusminister  – auch hinsichtlich des Kompromisses von Ricmanje  – den Hl.  Stuhl und das Triestiner Bistum um »die Notwendigkeit eines vorsichti- gen Vorgehens«.325 Bischof Nagl wechselte zum 1.  Januar 1910 als Koadjutor des Erzbischofs nach Wien.326 Ein Jahr lang konnten sich Wien und der Hl.  Stuhl auf kei- nen neuen Bischof verständigen; auch die heikle Nationalitätsfrage musste in Betracht gezogen werden. Wien und der Hl.  Stuhl unterstützten eher einen südslawischen Kandidaten.327 Der neue, slowenischsprachige Bischof, Andrej Karlin, trat seine Stelle in der Adriametropole im  Februar 1911 an. Er folgte nicht der aktiven, klerikal-politischen Linie seines Vorgängers. Bischof Karlin wollte die Kirche nicht mehr als klerikale Akteurin im öffentlichen, politischen Leben positionieren. Er begnügte sich damit, sich auf das religi- öse, pastorale Leben, das heißt die Förderung der religiösen Frömmigkeit, zu konzentrieren, und lehnte infolgedessen jegliche politischen Aktionen ab.328 Ab dem Frühjahr 1909 war Ricmanje  – diesmal auch kirchenrechtlich vollständig  – eine eigene Pfarrei. Es stellte sich nunmehr die Frage, wer als Pfarrer in das rebellische Dorf gehen sollte. Don Ukmar wäre gern in das 322 Regelung der Pfarrverhältnisse in Ricmanje (5.  Mai 1909), in: ÖStA, AVA, KK, 455, R, 455.3, 42: Ri. 323 Brief von Dr. Laginja an den Bischof von Triest (23.  Juli 1908), in: ADT, GP, 1908/54. 324 Über das Dekret von 1906, mit dem der Usus der altslawischen Liturgiesprache praktisch eingedämmt wurde, siehe  u. a. Gottsmann, Rom und die nationalen Katholizismen, S.  73ff. 325 Brief des österreichischen Kultusministers an die Triestiner Statthalterei (21.  März 1910), in: AST, Luogotenenza, AP ris., b.  6, fasc.  34, 1910/6. 326 Mitteilung des österreichischen Kultusministers an die Triestiner Statthalterei (3.  Januar 1910), in: Ebd. 327 Brief des österreichischen Kultusministers an die Triestiner Statthalterei (30.  Okto- ber 1910), in: Ebd. 328 Valdevit, Chiesa e lotte nazionali, S.  239f.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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