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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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166 Österreichisches Küstenland als auch der neue Bischof in Triest vorgaben: mehr Disziplin auf der lokalen Ebene und unter dem Klerus, Beseitigung der lokalen Partikularitäten, keine Voreingenommenheit gegenüber katholischen Südslawen. Der Konflikt in Ricmanje entstand nicht von selbst  – er wurde von Don Požar in Gang gesetzt, der in der pragmatisch bestimmten und lokal-par- tikular verwurzelten Sprachenfrage das Potenzial eines nationalpolitisch instrumentalisierbaren Streites erblickte. Mehreren Berichten ist zu ent- nehmen, dass die slowenische Sprache in der Kirche von Ricmanje wahr- scheinlich schon früher praktiziert worden ist. Diese illegale Praxis wurde im Interesse des innerkirchlichen Friedens kirchlicherseits toleriert. Die früheren Bischöfe von Triest wie Glavina und Šterk verkündeten nicht ein- mal die päpstlichen Vorschriften bezüglich der Begrenzung altslawischer, geschweige denn volkssprachlicher Liturgiepraxis, weil sie einen solchen Konflikt befürchteten, der später in Ricmanje aufflammte. Don Požar ver- suchte, diese stillschweigende Praxis öffentlich zu machen, um somit einen Konflikt mit der kirchlichen Obrigkeit anzustacheln. Indem Nagl hart dage- gen durchgriff, traf Don Požar auf einen Gegenpart, der fähig und willens war, den Konflikt öffentlich auszutragen. Während die früheren Bischöfe die normabweichenden Partikularitäten stillschweigend geduldet hatten, griff Bischof Nagl dagegen härter durch. In diesem Sinne verurteilte er alle natio- nalisierenden Tendenzen. Der kirchliche Wunsch unter Bischof Nagl, einheitliche Struktur und Pra- xis auf der lokalen Ebene, etwa in Ricmanje, durchzusetzen, kann im Kon- text der »Klerikalisierung« verstanden werden: In Europa etablierte sich ein neues kirchliches Selbstverständnis. Dazu gehörte die Vereinheitlichung der kirchlichen Strukturen, Formen, Riten und Inhalte. Die Kirche konnte sich als eigenständiger Akteur behaupten, wenn sie sich von nationalen, partiku- laren Interessen sowie abweichenden Praxen loslöste. Die Klerikalisierung zielte  – wie Urs Altermatt und Franziska Metzger zusammenfassen  – auf die Hierarchisierung und Homogenisierung des Kirchenlebens ab.349 Eigensin- nige Lebenswege und Lebensweisen wurden daher immer weniger toleriert. Gehorsamkeit gegenüber der Kirchenhierarchie und eine Vereinheitlichung des Kirchenlebens wurden immer stärker eingefordert. Wie Metzger betont, vereinheitliche die katholische Kirche überall in Europa die bisherige hete- rogene »Frömmigkeitskultur«. Sie versteht es als »Ultramontanisierung« des Kirchenlebens, die eine elitäre, »von oben her« betriebene, erzwungene 349 Urs Altermatt / Franziska Metzger, Religious Institutes as a Factor of Catho- lic Communities of Communication, in: Jan De Maeyer / dies. (Hg.), Religious Institutes and Catholic Culture in 19th- and 20th-Century Europe, Leuven 2014, S.  11–20, hier S.  16f.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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