Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Seite - 179 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 179 - in Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914

Bild der Seite - 179 -

Bild der Seite - 179 - in Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914

Text der Seite - 179 -

179Konflikte im Bistum Senj nale Bewusstsein der kroatischsprachigen, katholischen Einwohner stärken: Nationalisierung und Klerikalisierung (im Sinne von Vereinheitlichung der kirchlichen Praxen) zeichneten sich dabei als Intentionen ab.28 Diese Ent- scheidung betraf auch den lokalen Klerus, von dem viele das glagolitische Alphabet kaum beherrschten.29 Bischof Posilović räumte in seinem Hirten- brief im  April 1894 ein, dass die altslawische Sprache zuerst zu erlernen sei, weil die glagolitische Schrift »nicht einfach […] und nicht schnell« gelesen werden könne.30 Er wies darauf hin, dass das Kirchenvolk auf diese Umstel- lung  – das heißt auf die Umstellung von der bisherigen volkssprachlichen oder lateinischen Praxis auf die Einführung der altslawischen Liturgiespra- che  – gut vorbereitet sein solle. Er befürchtete sogar, dass es zu Unruhen und Aufständen unter dem Volk kommen könne, falls die Gottesdienste in einer ähnlichen Sprache gelesen werden würden, die das Volk bisher nur in der serbisch-orthodoxen Kirche hören konnte.31 Das Gebiet, wo die altslawische Liturgiesprache eingeführt wurde, war vom Erlebnis konfessioneller Unterschiede sowie von der Erinnerung osma- nischer Fremdherrschaft und militärischer Tugenden geprägt. Große Teile des Bistums Senj gehörten bis 1881 zur sog. Militärgrenze (Vojna Krajina). Die Militärgrenze wurde ab dem 16.  Jahrhundert als Puffer- und Abwehr- zone gegen das Osmanische Reich in kroatischen und slawonischen Gebie- ten, mit serbischen, kroatischen oder valachischen Kämpfern unterschied- licher Privilegien (besonders für die vlachische Bevölkerung32), errichtet. Die »Grenzer«  – die Bewohner dieser Gebiete  – fühlten sich gegenüber den Bewohnern der zivil verwalteten Gebiete überlegen, die über keine Privilegien 28 Bischof Posilović galt übrigens in der kroatischen Kirchenhierarchie  – etwa im Gegensatz zu Strossmayers Kreisen  – eher als ungarnfreundlich, weil er im »Paz- maneum«, dem ungarischen Priesterseminar in Wien studiert hatte; vgl. ders., Senjsko-modruška ili krbavska biskupije. Izvješća biskupa svetoj stolici (1602–1919) [Bistum von Senj-Modruš oder Krbava. Berichte des Bistums an den Hl.  Stuhl (1602– 1919)], Zagreb 2003, S.  79f. 29 Die altslawische Liturgiesprache war der serbischen sehr ähnlich, in den orthodoxen Kirchen wurden also die Messen praktisch in dieser altslawischen Sprache gelesen. Der wesentliche Unterschied bestand in der Schrift: Die altslawischen, katholischen Messbücher wurden mit dem glagolitischen Alphabet geschrieben, das nicht mit der kyrillischen Schrift der serbischen Orthodoxen zu verwechseln ist. 30 Hirtenbrief vom Bischof Jurij Posilović, in: Katolički List, 26.  April 1894 [übersetzt aus dem Kroatischen von mir]. 31 Opreze pri uvadjanju staroslavenske liturgije [Vorsichtsmaßnahmen für die Einfüh- rung der altslawischen Liturgie], 6.  Juni 1894, in: Okružnice biskupskoga Ordinari- jata senjskoga i modruškoga ili krbavskoga [Rundschreiben des bischöflichen Ordi- nariates von Senj und Modrus / Modruš oder Krbava], Senj 1892–1897, S.  16. 32 Zu den Privilegien der Vlachen siehe  u. a. Ekkehard Völkl, Militärgrenze und »Statuta Vlachorum«, in: Gerhard Ernst (Hg.), Die österreichische Militärgrenze. Geschichte und Auswirkungen, Regensburg 1982, S.  9–24.
zurück zum  Buch Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914"
Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Umkämpfte Kirche