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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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235Kirchenstreit in der Hafenstadt Fiume / Rijeka »italienischer« Priester zu verhalten? Diese Fragen dominierten die öffentli- che Wahrnehmung des Kirchenstreites. Für die kroatisch-nationalistischen Kreise stellte Drenova ein Beispiel nationaler Indifferenz dar, der mit einer stärkeren kroatischen Prägung der Kirche begegnet werden solle; für die ita- lienisch- oder ungarisch-nationalistischen Kreise war Drenova ein Beweis dafür, warum die Hafenstadt vom angeblich zu kroatisch geprägten Bistum Senj losgelöst sein müsse. Gouverneur Sándor Nákó von Nagyszentmiklós schilderte die Affäre als eine beispielhafte Zuspitzung des Konflikts, der zwi- schen den Fiumanern und dem Bistum längst bestanden habe. Er meinte, dass »die Ereignisse in Drenova es [die Problematik der ungelösten Bistums- frage  – P. T.] am prägnantesten illustrieren«.283 Gouverneur Nákó befürch- tete diesbezüglich sogar einen »Kulturkampf«, was hier vielmehr national-, als kirchenpolitische Konflikte bedeutet hätte: Die seit Jahrzehnten gegen den slawischen Klerus gerichtete Antipathie brach im Falle des Drenovaer Pfarrers mit elementarer Kraft hervor. Die ganze Gemeinschaft [in Drenova] bezog einmütig Stellung gegen die kroatischen Priester, und wenn es in diesen Angelegenheiten nicht rasch geholfen wird, steht uns ein radikaler Kultur- kampf  bevor.284 Ein solches Narrativ ermöglichte sogar, dass die nationalpolitisch motivier- ten Verselbstständigungsforderungen so vorgetragen werden konnten, als ob eine Lostrennung letztendlich im Interesse der katholischen Religion stünde. Gouverneur Nákó hob gerade mit Hinweis auf die Affäre in Drenova hervor, dass der kroatischsprachige, im Priesterseminar von Senj ausgebildete Kle- rus der Aufgabe, in einem multiethnischen Umfeld zu wirken, nicht gerecht werden könne: Die Hafenstädte sind bekanntlich die unmoralischsten Orte, deren ganzes inneres Leben nur dann auf einem gewissen Niveau zu halten ist, wenn die ernsthafte Reli- giosität gepflegt wird. Wenn aber die Bevölkerung mit Recht im ständigen Streit [mit der Kirche] lebt, dann entfernen sich die Gläubigen vollkommen von der Religion. Der kroatische Klerus ist national betrachtet so vollkommen intolerant, dass ihm Gläubige anderer Nationalität nicht anvertraut werden dürfen.285 283 Brief des Gouverneurs Nákó an den Ministerpräsidenten Wekerle (31.  August 1908), in: MNL OL, ME, FÜ K26, 1908/3795 [übersetzt aus dem Ungarischen von mir]. 284 Ebd. [übersetzt aus dem Ungarischen und Hervorhebung von mir]. 285 Note vom ungarischen Ministerpräsidenten Sándor Wekerle über die Bistumsfrage (20.  September 1908), in: Ebd., 1908/2158 [übersetzt aus dem Ungarischen von mir].
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Titel
Umkämpfte Kirche
Untertitel
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Autor
Péter Techet
Verlag
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Abmessungen
15.9 x 23.5 cm
Seiten
310
Schlagwörter
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Kategorien
Geschichte Vor 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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