Seite - 61 - in Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Zand, Marlen Haushofer, Hans Friedrich Kühnelt, Jeannie Ebner, Ilse Aichinger,
Ingeborg Bachmann, Franz Kießling, Rudolf Stibill und Josef Enengl auf. Erich
Landgrebe und die politisch vorbelastete Gertrud Fussenegger, die einen tradi-
tionellen Literaturbegriff vertraten, kam eine zentrale Rolle in der Jury sowie
bei der Gestaltung der Veranstaltungen zu. In den 1960er Jahren, als die „Jugend-
kulturwochen“ unregelmäßig stattfanden, „machte sich jedenfalls die ‚experi-
mentelle Unruhe‘ jener Zeit bemerkbar, wie auch markante ‚streitbare Figuren‘
der damaligen Szene anwesend waren, die die Voraussetzungen der künstleri-
schen Praxis be- und hinterfragten“.70 Auch das „Institut Français“ in Innsbruck
widmete sich in Veranstaltungen der österreichischen Literatur.71
Angesichts der Ansätze, einen institutionalisierten Literaturbetrieb mitzu-
konstituieren, lässt sich festhalten, dass diese Bemühungen zwar auf das litera-
rische Feld einwirkten, jedoch, aufgrund der nur punktuellen Veranstaltungs-
praxis, nur temporäre Wirksamkeit entfalteten.
2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk
Max Blaeulich, ein intimer Kenner der modernen österreichischen Literatur, hat
konstatiert, dass „die Kreise um die Literaturzeitschriften [...] wichtige Zentren
für den Neubeginn der österreichischen Literatur nach 1945“ waren und weist
darauf hin, dass „die Literaturhäuser heute die privaten Initiativen, die Zirkel in
Privatwohnungen und Caféhäusern oder auch die Redaktionszimmer von
damals“72 weitgehend ersetzt haben.
Es ist Blaeulich durchaus Recht zu geben, überblickt man die literarischen
Kreise, die sich in der Nachkriegszeit um verschiedene Einzelpersonen bildeten.
Hilfreich ist dabei auch die Einteilung, die Andreas Okopenko vorgenommen
hat, um die verschiedenen Formationen zu beschreiben. Er unterscheidet dabei
drei Gruppen, die sich „nicht nach Geburtsjahrgängen“, sondern nach „geolo-
gischen Formationen des Auftretens“73 gliedern. Die erste Formation sammel-
te sich um einige wenige Publikationszentren, zu denen Okopenko den „PLAN“
70 Dies.: Veränderungen – Literatur der 1960er Jahre. In: Dies., Wimmer, Meller (Hg.): Die Öster-
reichischen Jugendkulturwochen, S. 181–224, hier S. 198.
71 Vgl. Alexandra Ladner: Literarische Aktivitäten des Institut Français Innsbruck. 1946–60.
Univ.-Dipl. Innsbruck 1999.
72 Max Blaeulich: Zirkel, Kreise, Treffpunkte der österreichischen Literatur nach 1945. In: Evely-
ne Polt-Heinzl, Daniela Strigl (Hg.): Im Keller. Der Untergrund des literarischen Aufbruchs
um 1950. Wien: Sonderzahl 2006, S. 151–162, hier S. 161.
73 Andreas Okopenko: Die schwierigen Anfänge österreichischer Progressivliteratur nach 1945.
In: Ders.: Gesammelte Aufsätze und andere Meinungsausbrüche aus fünf Jahrzehnten. Bd. 1:
In der Szene. Klagenfurt, Wien: Ritter 2000, S. 13–40, hier S. 13 f.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 61
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437