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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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Kraus vermutlich hinsichtlich dieser verstärkten katholischen Aktivitäten auch der Zerfall der Sowjetunion in die Quere, entwickelte er doch bald darauf ein anderes kulturpolitisches Konzept, das als „Österreich-Bibliothek“ in den ehe- maligen Ländern des realen Sozialismus etabliert wurde. 1985 hielt Kraus einen Vortrag mit dem Titel „Kunst als Überschreitung“ in den Innsbrucker Kammerspielen, worin er die Ansicht vertrat, dass „die Bezie- hung zwischen der Kunst, die von Anfang an eng mit religiösem Empfinden verbunden war, und der Wirklichkeit heute, in einer Zeit der Ratlosigkeit und Desillusionierung immer problematischer werde. Es bestehe die Gefahr, Kunst mit Wirklichkeit gleichzusetzen und als Religionsersatz zu verstehen. Eine ‚frei- schwebende‘ Ästhetik sei aber unmöglich.“114 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus Diese „‚freischwebende‘ Ästhetik“ sah Kraus in avantgardistischer und experi- menteller Literatur realisiert, der er äußerst skeptisch, teilweise auch ablehnend gegenüberstand und die er als literaturästhetisches Produkt einer „Übergangs- zeit“ ansah, insbesondere, wenn es sich um österreichische Autorinnen und Autoren handelte. Darüber hinaus war experimentelle Literatur für ihn stets „linken“ Ideologien und einem literarischen „Provinzialismus“ zurechenbar: „Ist ‚links‘ in die provinzielle Nachhut oder Pseudoavantgarde der Kleinstädte abge- sunken? Progressivität als Provinzkompensation? Graz, Zürich, Hamburg. […] Die Provinz ist reaktionär oder radikal.“115 Der historischen Avantgarde stand er jedoch durchaus positiv gegenüber, gab er 1961 doch gemeinsam mit Herbert Zand den Band Symbole und Signale. Frü- he Dokumente der literarischen Avantgarde heraus, der Texte von Charles Bau- delaire, Edgar Allan Poe, Arthur Rimbaud, Lautréamont und Stéphane Mallarmé versammelte.116 Die klassische Moderne akzeptierte Kraus noch als ein gegebe- nes literaturhistorisches Faktum. Mit der zeitgenössischen Avantgarde aus Öster- reich verhielt es sich anders, wie auch eine Diskussion im Rahmen der Frankf- urter Buchmesse 1970 aufzeigt. Dort tappte Kraus bei einer Diskussion, an der u. a. Ernst Jandl und H.  C. Artmann beteiligt waren, ins „Fettnäpfchen“, da er auf die Frage eines bundesdeutschen Journalisten, „warum die jungen österrei- chischen Autoren nicht von ihrer Heimat aus, sondern in Deutschland bekannt 114 U. Mayr: Die Kraftquellen der Kunst ersetzen weder die Wirklichkeit noch die Religion. In: Tiroler Tageszeitung, 25.  November 1985, S. 7. 115 Wolfgang Kraus: Tagebuch, 3.  Oktober 1976, NL WK. 116 Vgl. Wolfgang Kraus, Herbert Zand (Hg.): Symbole und Signale. Frühe Dokumente der litera- rischen Avantgarde. Bremen: Schünemann 1961. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 Avantgarde und Provinzialismus 223
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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