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Kunst und Kultur
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
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1.2 Biographische Einführung Der Journalist und Literaturkritiker Hans Haider, ehemaliger Mitarbeiter in der ÖGL, beschreibt Wolfgang Kraus als einen „stattlichen Mann“, der meist zu einer „grauen Hose einen blauen Blazer“ trug: „Seine Sonnenbräune holte er sich in vielen Kurzurlauben und im [Wiener] Gänsehäufl-Bad. Seinem Sprechton war eine gewinnende Freundlichkeit unterlegt, seinem Temperament hat er die Zügel der Verbindlichkeit angezogen. […] Kraus wusste den Staat hinter sich – und sich dennoch frei.“48 Kraus war tatsächlich parteilos, im Nachlass finden sich keine Spuren einer Mitgliedschaft bei den großen österreichischen Parteien ÖVP oder SPÖ. Dennoch: Sein Literaturverständnis muss als konservativ bezeichnet wer- den, was ihn in ÖVP-Nähe rückt, aus deren Reihen sich auch seine wichtigsten Förderer, darunter Josef Klaus, rekrutieren. Denn wichtig war Kraus die religiö- se Komponente in Leben und Kunst, vor allem in ihrer katholischen Ausprägung. Mit der Bezeichnung „Homme de lettres“, auf die Kraus bei Selbstbeschrei- bungen zurückgriff,49 ist auf die Epoche der Aufklärung verwiesen, in deren „Licht“ sich Kraus selbst sah. Seine Verbindung mit der „Macht“, also den staat- lichen (kulturpolitischen) Stellen, ist damit markiert, fungierte ein „Homme de lettres“ im 16. und 17.  Jahrhundert doch quasi als ein Sekretär von adeligen und politisch hochgestellten Persönlichkeiten bzw. als jemand, der das Interesse des Mäzens an Literatur dokumentieren sollte. Kraus darf man durchaus, wie Bourdieu diese Kategorie mit Hinblick auf Raymond Aron definiert hat, zu den konservativen Intellektuellen zählen. Denn es ist auch für Kraus zutreffend, dass die „gesamte Produktion der konservati- ven Intellektuellen […] im Zeichen der objektiven Beziehungen [steht], die sie mit anderen Positionen des Feldes“ verbinden und die sich „ihnen über die der Struktur des Feldes selbst immanente spezifische Problematik“50 aufzwingen. Konservative Intellektuelle stellen ein träges bzw. passives Moment gegenüber den anderen Akteuren im Feld dar, da es nicht ihr Impetus ist, „eine Welt zu problematisieren, der sie nichts Böses nachzusagen haben und über die sie daher auch nichts zu sagen hätten, stellte das kritische Denken sie nicht in Frage, das zu kritisieren sie nicht lassen können.“51 Darauf wird in der Folge, vor allem im Kontext von Kraus’ Kulturkritik, noch zurückzukommen sein (vgl. Kapitel 5.1). 48 Hans Haider: Neutrales Parkett und der Marshall Plan of the Mind. Kulturpolitische Anmer- kungen zu Wolfgang Kraus. Vortrag gehalten auf der Wolfgang Kraus Soirée der ÖGL am 9.  September 2008. Für die Überlassung des Manuskripts dankt der Verfasser Hans Haider. 49 N.  N.: Interview mit Dr.  Wolfgang Kraus. In: Augsburger Allgemeine, 31.  Oktober 1959. „[…] und zähle nun zu jener sonderlichen Gattung von Menschen, die in Frankreich unter der Bezeichnung ‚homme de lettre‘ bekannt sind.“ 50 Bourdieu: Die Regeln der Kunst, S. 439. [Kursivierung im Original.] 51 Ebd. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0 22 Einleitung
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Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Titel
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
Autor
Stefan Maurer
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23312-1
Abmessungen
15.8 x 24.0 cm
Seiten
452
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
    1. 1.1 Forschungsstand, Quellen und theoretische Ansätze 9
    2. 1.2 Biographische Einführung 22
  2. 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
    1. 2.1 Entwicklung(en) des Literaturbetriebs nach 1945 48
      1. 2.1.1 Politische Rahmenbedingungen: Österreich nach 1945 49
      2. 2.1.2 Institutionen, Kulturveranstaltungen und Vereine 54
      3. 2.1.3 Zeitschriften und Rundfunk 61
      4. 2.1.4 Literaturpreise und staatliche Förderung 70
      5. 2.1.5 Private Initiativen 71
      6. 2.1.6 Verlagssituation und Buchhandel 74
    2. 2.2 Resümee 78
  3. 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
    1. 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
      1. 3.1.1 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖGL 87
      2. 3.1.2 Staatliche Subvention 92
      3. 3.1.3 Stellungnahmen zur ÖGL 94
      4. 3.1.4 Aufgaben und Zielsetzungen der ÖGL 96
    2. 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
    3. 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
    4. 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
    5. 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
    6. 3.6 Forum der Jugend 180
    7. 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
    8. 3.8 Resümee 190
  4. 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
    1. 4.1 Kraus als Literaturvermittler 196
      1. 4.1.1 Modernität und Kontinuität 199
      2. 4.1.2 Diskontinuitäten: 1934–1938–1945 210
      3. 4.1.3 Literatur und Katholizismus 216
      4. 4.1.4 Avantgarde und Provinzialismus 223
    2. 4.2 Der Literaturkritiker Kraus 226
    3. 4.3 Der Literatur-Organisator Kraus 245
      1. 4.3.1 Im Europa-Verlag 245
      2. 4.3.2 „Die Rampe“ 254
      3. 4.3.3 Literatur-Preise 259
    4. 4.4 Polemiken und Kämpfe im Feld 280
    5. 4.5 Resümee 294
  5. 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
    1. 5.1 Elemente einer Kraus’schen Kulturpolitik 302
    2. 5.2 Jenseits der Parteipolitik? 307
    3. 5.3 Die Kulturkontaktstelle 323
    4. 5.4 „Europalia 1988“ 338
  6. 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
    1. 6.1 Der kulturelle Kalte Krieg in Europa 355
    2. 6.2 Die Round-Table-Gespräche der ÖGL 367
    3. 6.3 Die ÖGL und der „Marshall Plan for the Mind“ 375
    4. 6.4 Die intellektuellen Dissidenten aus dem Osten 385
  7. 7. RESÜMEE 399
  8. 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
    1. 8.1 Ungedruckte Quellen 403
      1. 8.1.1 Nachlässe 403
      2. 8.1.2 Sammlungen 403
    2. 8.2 Gedruckte Quellen 404
      1. 8.2.1 Zeitungen und Zeitschriften (in Auswahl) 404
      2. 8.2.2 Primärliteratur 404
      3. 8.2.3 Sekundärliteratur 409
  9. 9. PERSONENREGISTER 437
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