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7. RESÜMEE
Die vorliegende Studie versucht anhand bisher unbekannter archivalischer Quel-
len die mannigfaltigen Wirkungs- und Betätigungsfelder von Wolfgang Kraus
im österreichischen Literaturbetrieb nachzuzeichnen, wobei weniger der bio-
graphische Aspekt, sondern die Beschreibung der Positionen im literarischen
Feld den Fokus bildet. Als einer der wichtigsten Akteure des österreichischen
Literaturbetriebs nach 1945 und in seiner Funktion als Konsekrations-Instanz
war es ihm über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten möglich, die
österreichische Literatur nicht nur zu propagieren, sondern bedingt durch seine
mannigfaltigen Positionen, gleichermaßen mit zu formieren und zu lenken.
Durch die Anwendung des Feldbegriffs von Pierre Bourdieu wurde versucht „die
(unsichtbaren) Strukturen, die ähnlich wie ein Magnetfeld“,1 die Form der ein-
zelnen Positionen, die Kraus im literarischen Feld einnahm, zu bestimmen und
erkennbar zu machen, wodurch gezeigt werden konnte, dass Literatur sich in
einem „System von Kraftlinien, Macht- und Einflussbeziehungen“2 konstituiert
und entwickelt. Kraus muss, neben u. a. Rudolf Felmayer, Rudolf Henz, Ernst
Schönwiese und Hans Weigel, zu den mächtigen Literaturmanagern der Nach-
kriegszeit gezählt werden.3
Diese Positionen im literarischen Feld lassen sich neben jener der Literatur-
kritik, die Kraus zur Vermittlung zwischen dem Medium Buch und Öffentlich-
keit in Form von Rezensionen, Glossen und Kommentaren verfasste, vor allem
auch in jenem größeren institutionellen Rahmen nachverfolgen, der ihm durch
die „Österreichische Gesellschaft für Literatur“ (ÖGL) als einer staatlich geför-
derten Institution mit klaren kulturpolitischen Weisungen ermöglicht wurde.
Die Prolongierung und Betonung einer eigenständigen österreichischen Litera-
tur nach 1945, deren Entwicklung Kraus innerhalb bestimmter historischer und
ästhetischer Traditionen des Vielvölkerstaates der Donaumonarchie lokalisierte
und der Konstruktion eines imaginären geographischen Raumes, der sich mit
1 Joseph Jurt: Text und Kontext. Zur Theorie des literarischen Feldes. In: Herbert Foltinek, Chris-
toph Leitgeb (Hg): Literaturwissenschaft: intermedial – interdisziplinär. Wien: ÖAW 2002, S.
97–120, hier S. 103.
2 Markus Joch, Norbert Christian Wolf: Feldtheorie als Provokation der Literaturwissenschaft.
In: Dies. (Hg.): Text und Feld. Bourdieu in der literaturwissenschaftlichen Praxis. Tübingen:
Niemeyer 2005, S. 2.
3 Vgl. Der Mythos der mächtigen Literaturmanager der Nachkriegszeit. Hakel, Henz, Felmayer,
Schönwiese, Weigel… Podiumsdiskussion mit Evelyne Polt-Heinzl, Daniela Strigl und Joseph
McVeigh. In: Wolfgang Straub (Hg.): Hans Weigel. Kabarettist, Kritiker, Romancier, Literatur-
manager. Innsbruck, Wien, Bozen: Studien-Verlag 2014 (= Archiv der Zeitgenossen: Schriften
2), S. 131–146.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Titel
- Wolfgang Kraus und der österreichische Literaturbetrieb nach 1945
- Autor
- Stefan Maurer
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23312-1
- Abmessungen
- 15.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 452
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG: WOLFGANG KRAUS, EIN „KANTENLOSER HOMME DE LETTRES“? 9
- 2. DER ÖSTERREICHISCHE LITERATURBETRIEB NACH 1945 43
- 3. DIE ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜR LITERATUR (1961–1975) 81
- 3.1 Gründung und Anfänge der Österreichischen Gesellschaft für Literatur 83
- 3.2 Einladungs- und Veranstaltungspolitik der ÖGL 98
- 3.3 Die ÖGL und das Konzept einer österreichischen Literatur 124
- 3.4 Die ÖGL und „Wort in der Zeit“ 142
- 3.5 Eine „Heimatadresse“? Die ÖGL und die Exilliteratur 155
- 3.6 Forum der Jugend 180
- 3.7 Bemühungen um die Literatur der östlichen Nachbarn 183
- 3.8 Resümee 190
- 4. „DAS MANAGEMENT REISST NICHT AB“. WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE LITERATUR 193
- 5. KONTAKTPERSON, VERMITTLER, DOLMETSCHER: WOLFGANG KRAUS UND DIE ÖSTERREICHISCHE KULTURPOLITIK 297
- 6. WOLFGANG KRAUS’ NETZWERKE IM KULTURELLEN KALTEN KRIEG 355
- 7. RESÜMEE 399
- 8. LITERATURVERZEICHNIS 403
- 9. PERSONENREGISTER 437