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3.3. 1809 105
aus dem Archiv in Schönberg nach Innsbruck bringen lassen und dem Aktuar somit
die Arbeitsgrundlage entzogen.214 Der Landrichter, der die Anschuldigungen gegen
seine Person an höchster Stelle als überaus beleidigend empfand, wies in einem vom
Generallandeskommissariat angeforderten Bericht die Kritik der Stubaier Gemein-
den entschieden zurück und betonte die hinter seinen Entscheidungen stehenden
sachlichen Beweggründe.215 Abschließend gibt sich der Landrichter in seinem Bericht
jedoch versöhnlich. Er könne und wolle „den allgemeinen sehnlichsten Wunsch der
Stubayer Unterthanen besonders in Anbetracht der durch den Drang drückenden
Zeiten und vorzüglich durch die harte Handlungssperre von Oesterreich veranlass-
ten traurigen Lage der allernfälligen gnädigsten Gewährung um Beybehaltung der
Aktuariats expositur nicht entgegen seyn, nur hätte die Bitte der Gewaltträger des
Bezirks ohne unverdiente Verkleinerung, und mit pflichtschuldigster Wahrheit, und
Anstand geschehen sollen, und müßte diesen allerunterthänigsten Landgerichte im
Falle höchster Bittbewilligung bey seinen großen Umfang, seinen durch das häufige
Criminale verdoppelten Geschäften noch ein Aktuar allenfalls mit etwas geringerer
Besoldung allergnädigst beygegeben werden“.216
An der Situation änderte sich jedoch auch nach dieser direkt an den König gerich-
teten Bittschrift nichts, und so insistierten die Stubaier Gemeinden noch zwei weitere
Male. Zuerst wandte man sich im Juni nochmals an den König in München, man
möge die Angelegenheit der Stubaier etwas beschleunigen, da sich bereits unerledigte
Gerichtsgeschäfte anhäufen würden.217 Ein halbes Jahr später folgte dann die nächste
Intervention: Als Minister Maximilian Freiherr von Montgelas auf dem Weg nach
Mailand, wohin er und König Maximilian I. Joseph von Napoleon zu einem Treffen
214 Vgl. Vorstellung der Stubaier Gemeinden an König Maximilian I. Joseph, 1. März 1807, TLA, GLK
für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.
215 Infolge der Beschwerde der Stubaier Gemeinden bei höchster – königlicher – Stelle wird Landrich-
ter von Lama seitens des Generallandeskommissariats aufgefordert, einen ausführlichen Bericht in
dieser Frage zu erstellen. In diesem Bericht zeigt von Lama offen seinen Ärger über die Kritik der
Stubaier: „Umso kränkender, und schmerzvoller müssen dem unterzeichneten die groben, und be-
leidigenden Ausdrücke fallen, welche sich die Verfasser der Bittschrift ohne in der Vollmacht hinzu
begwaltet zu seyn, sogar vor dem Allerhöchsten Thron erlaubt haben.“ (Bericht von Lamas an das
Generallandeskommissariat, 13. April 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.)
216 Bericht von Lamas an das Generallandeskommissariat, 13. April 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton
Nr. 7, V/I/DI/1.
217 „Da nun einerseits diese ihre allerunterthänigst-allergehorsamste Bitte noch nicht erledigt ist, an-
dererseits aber sich die Gerichtsgeschäfte immer mehr und [mehr] anhäufen unterfangen sich die
unterzeichneten Gemeinden, Eurer königlichen Majestät um allergnädigste Erledigung ihres ober-
wähnten Gesuchs allerunterthänigst-allergehorsamst zu bitten.“ (Eingabe der Stubaier Gemeinde bei
König Maximilian I. Joseph, 19. Juni 1807, TLA, GLK für Tirol, Karton Nr. 7, V/I/DI/1.)
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435