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254 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant
zur Staatsschuldenlast. Eine in einer Verfassung verankerte Kontrolle der Staatsfinan-
zen war daher nun eine zentrale Forderung – vor allem der Wirtschaftstreibenden.
Zunächst wurde eine diesbezügliche Petition des Niederösterreichischen Gewerbe-
vereins an Erzherzog Franz Carl überreicht. Am 11. März folgte eine Petition der
liberalen Opposition der Niederösterreichischen Landstände an die Ständeversamm-
lung im Landhaus.845 Vor allem im Lager der Studentenschaft – einer der zentralen
Akteure des liberalen und demokratischen Konstitutionalismus deutschnationaler
Prägung – wurde dieses „politische Programm des deutschsprachigen Bildungs- und
Besitzbürgertums“, in dem „weder von den nationalen Problemen des österreichi-
schen Gesamtstaates noch von den sozialen Problemen der Arbeiter und Bauern“
die Rede war,846 jedoch als zu gemäßigt betrachtet. Man erarbeitete eine eigene Peti-
tion, in der Pressefreiheit, Gewissensfreiheit sowie Lehr- und Lernfreiheit gefordert
wurden. Am darauffolgenden Montag, den 13. März, sollte sich die niederösterrei-
chische Ständeversammlung mit den Petitionen befassen und diese an die Regie-
rung übergeben. Um dieser Erwartung Nachdruck zu verleihen, belagerte eine große
Menschenmenge das Areal rund um Landhaus und Hofburg. Erst als das Militär das
Feuer auf die Demonstranten eröffnete – fünf Menschen starben –, zerstreute sich
der Auflauf. Die Lage beruhigte sich dadurch jedoch nicht – im Gegenteil: In den
anderen Teilen der Stadt eskalierte die Situation, es wurden Barrikaden errichtet, im
allgemeinen Aufruhr wurden Geschäfte, Manufakturen und Fabriken verwüstet und
geplündert. Während in der Innenstadt noch vor allem Studenten, Bürgertum und
auch Adelige demonstrierten, drückten nun auch die Masse der Arbeiter, Kleinbür-
ger, Handwerksgesellen und Dienstboten sowie soziale Randgruppen ihre Unzufrie-
denheit mit dem Status quo aus.847 Die Regierung gab nach. Metternich trat noch
am 13. März zurück,848 zwei Tage später wurde die geforderte Pressefreiheit gewährt,
die Einrichtung einer Nationalgarde zugesagt sowie die Erarbeitung einer Verfassung
in Aussicht gestellt.849
845 Vgl. Rumpler, Eine Chance, 2005, S. 276 f.
846 Ebd., S. 277.
847 Vgl. ebd.; sowie: Rapport, 1848, 2011, S. 75–77; sowie: Sked, Fall des Hauses Habsburg, 1993, S.
129.
848 Das Resignationsschreiben Metternichs an Kaiser Ferdinand vom 13. März 1848 ist hier ediert:
Rudolf Hoke/Ilse Reiter (Hg.), Quellensammlung zur österreichischen und deutschen Rechtsge-
schichte, Wien–Köln–Weimar 1993, S. 394.
849 Vgl. Rumpler, Eine Chance, 2005, S. 277; sowie: Heiss/Götz, Rand der Revolution, 1998, S. 48–51.
– Das entsprechende Patent Kaiser Ferdinands findet sich in edierter Form hier: PGS Nr. 29/1848
(Patent vom 15. März 1848), S. 46–48. (= „Sr. k.k. Majestät Ferdinand des Ersten politische Gesetze
und Verordnungen für sämmtliche Provinzen des Oesterreichischen Kaiserstaates, mit Ausnahme
von Ungarn und Siebenbürgen.“, Bd. 76, Wien 1851, S. 46–48.)
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435