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338 5. Familie Pfurtscheller
Mal Vater wurde107 und die „Großjährigkeit“ eines Kindes, die das Ende der elterli-
chen Erziehungsgewalt bedeutete, erst mit Vollendung des 24. Lebensjahres erreicht
war,108 waren es vor allem die darin enthaltenen Regelungen, die den rechtlichen
Rahmen für seine Rolle als Vater vorgaben.
Obwohl seit dem Ende des 18. Jahrhunderts zusehends eingeschränkt und ver-
mehrt der obrigkeitlichen Kontrolle unterworfen,109 so stand auch im ABGB – wie
im Josephinischen Gesetzbuch und in anderen Vorläufern – das Konzept der „väter-
lichen Gewalt“ noch immer im Zentrum der Beziehungen zwischen Eltern und Kin-
dern. Zwar hatten beide Elternteile „die Verbindlichkeit, ihre ehelichen Kinder zu
erziehen, das ist, für ihr Leben und ihre Gesundheit zu sorgen, ihnen den anständi-
gen Unterhalt zu verschaffen, ihre körperlichen und Geisteskräfte zu entwickeln, und
durch Unterricht in der Religion und in nützlichen Kenntnissen den Grund zu ihrer
künftigen Wohlfahrt zu legen“,110 doch hatte der Vater gegenüber der Mutter Vor-
rang, da er als „Haupt der Familie“ angesehen wurde.111 Im Vergleich zur „unerbitt-
lichen Formulierung“ der „Herrschaftsrechte“ des Vaters über die Kinder im Codex
Theresianus – einem nie in Kraft getretenen Vorläufer des ABGB aus dem Jahr 1766
– war die väterliche Macht zwar deutlich eingeschränkt worden, blieb aber dennoch
beträchtlich:112 Die Berufs- beziehungsweise Ausbildungswahl für seine minderjäh-
rigen Kinder oblag dem Vater, er hatte deren eventuell vorhandenes Vermögen zu
verwalten, eine Eheschließung war bei Minderjährigkeit nur mit seiner Zustimmung
möglich. Bei Rechtsgeschäften trat er als Vertreter und „natürlicher Vormund“ seiner
Kinder auf.113
Den „Aeltern“ – wobei wiederum an den Vorrang des Vaters erinnert werden muss
– stand außerdem das Recht zu, „einverständlich die Handlungen ihrer Kinder zu lei-
ten“,114 „vermißte Kinder aufzusuchen, entwichene zurück zu fordern, und flüchtige
mit obrigkeitlichem Beystande zurück zu bringen; […] unsittliche, ungehorsame,
oder die häusliche Ordnung und Ruhe störende Kinder auf eine nicht übertriebene
terreichischen Monarchie“ aus dem Jahr 1811 wird in dieser Arbeit zitiert als ABGB 1811.
107 Vgl. Taufbuch Fulpmes I u. II, TLA, Mikrofilm Nr. 0660, Abschn. 3 u. 4.
108 Vgl. Friedrich, Umbau, 2002, S. 392.
109 Vgl. ebd., S. 447 f.
110 ABGB 1811, Teil I, § 139, S. 54 f.
111 Vgl. ABGB 1811, Teil I, § 147, S. 57.
112 Vgl. Friedrich, Umbau, 2002, S. 446. – Margret Friedrich beschäftigt sich auch eingehend mit den
Bemühungen um eine einheitliche Kodifizierung des Privatrechts unter Kaiserin Maria Theresia.
(Vgl. Friedrich, Umbau, 2002, S. 84–97.)
113 Vgl. ABGB 1811, Teil I, § 49, S. 18 u. §§ 147–154, S. 57–60.
114 ABGB 1811, Teil I, § 144, S. 56.
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Title
- Ein Bürger unter Bauern?
- Subtitle
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Author
- Michael Span
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 470
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435